Im Zentrum des (fünften) Romans der SPIEGEL-Bestseller-Autorin Muriel Barbery steht die Botanikerin Rose. Die hat mir ihren vierzig Jahren das Gefühl, noch gar nicht richtig gelebt zu haben. Von nichts fühlt sie sich wirklich berührt. Dann kommt ein unerwarteter Anruf. Für die Testamentseröffnung ihres Vaters soll sie nach Tokyo fliegen. Nur widerwillig stimmt sie zu. Es wird ihr erster Aufenthalt in Japan sein und noch ahnt sie nicht, wie sehr das fremde Land mit seinen Tempeln und Zen-Gärten sie aufwühlen wird. Paul, der Vertraute ihres Vaters, ist ein hingebungsvoller Mensch. Das macht Rose Mut. Wird sie sich an seiner Seite endlich auf die Schönheit des Lebens einlassen können?
Die geradezu märchenhafte, atmosphärisch dichte Sprache des Romans ist ein Fest. Sie erinnert mich an Pearl S. Buck und nimmt mich unmittelbar gefangen. Allein schon der erste Satz: "Man erzählt, dass im alten China, in der Dynastie der Nördlinchen Song, ein Prinz jedes Jahr ein Feld mit tausend Pfingstrosen anlegen ließ, deren Blüten an der Schwelle zum Sommer in der Brise wogten." Der vierte Satz allerdings reißt einen heraus aus poetischen Träumen: "Am siebten Tage ordnete er das Massaker an." (Zum Glück geht es nicht um Menschen, sondern nur um Blumen. Blumen allerdings, die dem Prinzen wie Töchter waren.)
Gut 200 Seiten lang kann man baden in Barbery's Formulierungen. Ein Beispiel: "Die Zeit wusch das Leben mit Regen aus, ließ die Sonne herein, den Mond funkeln, aber Maud blieb im Dunkeln." Ein Genuss!
Die Autorin: Die Philosophie-Professorin Muriel Barbery Jahrgang 1969, wurde in Casablanca geboren. Ihr Roman "Die Eleganz des Igels" wurde zu einem großen literarischen Bestseller, er in mehr als 30 Sprachen übersetzt und vielfch ausgezeichnet wurden. Nach einigen Jahen in Koto leb Brber heute in Paris.
Muriel Barbery, Eise Rose allein, Roman, List-Verlag 2022, gebunden mit Schutzumschlag, 19,99 Euro.
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