Dienstag, 22. September 2020

Fußreflexzonen mit ätherischen Ölen behandeln und loslassend entspannen

Das Buch von Francis Hardes hat nur 92 Seiten, locker und groß beschriftet, aber jede Seite ist es wert, gelesen zu werden. Das Thema: Duftende Reflexzonen. Indem man sich im Bereich der Füße mit ätherischen Ölen verwöhnen lässt oder sich selbst behandelt, kann offenbar Wunderbares geschehen. 

Die Autorin, zugleich Herausgeberin des Büchleins, ist 2010 erstals in Südamerika mit Anwendungen an den Reflexzonen in Berührung gekommen. Drei Monate lang hat sie in einem kleinen Krankenhaus in Concepción in Bolivien mitgearbeitet, als Freiwillige. Während der abenteuerlichen Fahrten in die abgelegenen Dörfer entdeckte sie, welche Schätze die Natur für uns Menschen bereithält, und nicht zuletzt welche Düfte uns dabei helfen können, loszulassen, zu entspannen und in unserer vollen Energie zu sein. 

Schon der erste Satz des Buches nimmt mich gefangen: "Hast du dich jemals gewundert, warum manche Menschen so stark und strahlend durchs Leben gehen?" Oh ja, das habe ich, in der Tat. "Hast du dich jemals wie magisch von jenen Menschen angezogen gefühlt, die voller Energie und Lebensfreude sind?" - Auch das. 

Gerade habe ich meinen Rentenbescheid bekommen, was natürlich nicht heißen soll, dass ich in meinem Beruf als Schreiberin, den ich so liebe, nicht mehr arbeiten werde. Ganz im Gegenteil: Habe ich doch gerade entdeckt, wie viel Spaß es macht, zu Zeiten von Corona mit anderen Menschen per Telefoninterview über ihr Leben zu reden und gemeinsam Erinnerungen und Einsichten aufzuschreiben. Aber diese Zäsur, dieser Eintritt in einen neuen Lebensabschnitt, erscheint mir als willkommene Gelegenheit, gelassener als bisher auf Glückssuche zu gehen. Francis Hardes kennt dazu nur eine einzige Anwendung, die sich kraftvoll über die Zeit entwickelt: die duftenden Wellnessanwendungen an den ganz speziellen Punkten der eigenen Füße, denn dort ist der ganze Körper wie auf einer Landkarte dargestellt. Was sollte mich hindern, es auszuprobieren?

Wer ganzheitlich lebt, verspricht Francis, findet in den Wellnessanwendungen auch emotionale und spirituelle Balance - in nur neun Minuten pro Tag. Mit dem Ziel:

  • Ruhe, inneren Frieden und mehr Entspannung zu finden
  • Harmonie und das Gefühl des Verbundenseins in eingeschlafenen Beziehungen neu zu erwecken
  • ein viel besseres Körpergefühl zu entwickeln
  • durch völliges Loslassen auf neue, kreative Ideen zu kommen (so was gefällt mir immer besonders gut ...!)
  • die Gelassenheit und Kraft zu entdecken, die in jedem von uns ist (oft allerdings verflixt gut versteckt - bei mir zum Beispiel ...)

Es gibt eine direkte Verbindung zwischen dem Riechsinn und dem limbischen System, dem Sitz der Gefühle. Das wird hier genutzt. Zonen, die während der Anwendung schmerzen, geben das Signal, den Bereichen des Körpers, die sie vertreten, mehr Liebe und Aufmerksamkeit zu schenken. Zugleich rät die Autorin allerdings dazu, mit Eigendiagnosen vorsichtig zu sein und Krankheitszeichen mit dem Arzt abzuklären.

Wichtig ist die Wahl geeigneter ätherischer Öle; von solchen, wie man sie in Drogerien oder Parfümerien häufig findet, rät sie ab. Sie meint "echte ätherische Öle". Mindestens dreimal im Jahr besucht Francis Farmen, die die Pflanzen für solche Öle anbauen. Videos von ihren Farmerlebnissen und zu etlichen anderen Themen finden ihre Leserinnen und Leser über Links, die im Buch enthalten sind. 

Im Buch wird Schritt für Schritt erklärt, wie es geht und wozu welches Öl besonders geeignet ist. Über die Website der Autorin kann man Mitglied einer Community werden, die sich einem natürlichen und glücklichen Leben mit Hilfe ätherischer Öle verschrieben hat. Öle, wie Purification, Clarity oder Aroma Ease. Stimmen einzelner Anwender machen Neugier auf mehr, etwa die der Mutter, deren Sohn unter Prüfungsstress litt und nach den Fußmassagen plötzlich bestens durchschlief, was auch die Frau Mama sehr entspannte.

Die Autorin: Francis Herdes hat seit 2010 Tausende Menschen dazu inspiriert, stressvolle Gedanken und Emotionen loszulassen, ihren Körper zu entspannen und ihr höchstes Potenzial zu realisieren. Mit ihrem Wissen und ihren Erfahrungen aus sechs Jahren Medizinstudium hilft sie besonders herzzentrierten Menschen, die bewusst leben wollen, ein feineres Gefühl für ihr eigenes Wohlbefinden zu bekommen und einen erfüllten Lebensstil zu entwickeln. Daran sollen sie mit ätherischen Ölen arbeiten können, egal, ob sie sich gerade auf einer Weltreise befinden oder ob sie gemütlich daheim im eigenen Wohnzimmer sitzen.

Francis Herdes (Hg.), Duftende Reflexzonen, Loslassen, Entspannen & Realisieren mit ätherischen Ölen an deinen Fußreflexzonen, 1. Auflage 2019, 92 Seiten

Mittwoch, 16. September 2020

Rückkehr zur Lebensfreude nach schweren Schicksalsschlägen

 "Vom Leben reich beschenkt" - so heißt der autofiktionale Roman der Psychotherapeutin Hildegard Haehn. Mir gefällt schon das Cover. Es zeigt einen Baumstamm in Rot-Grün-Gelb-Tönen, ohne Blätter, aber  mit reichlich Wurzeln. Auf der Rückseite sieht man diesen Baum noch einmal, nur auf den Kopf gestellt, und siehe da: Das geht ebensogut und zeigt, wie gut es sein kann, die Dinge von verschiedenen Seiten zu betrachten.

In den Mittelpunkt der spirituell geprägten Geschichte hat die Autorin Elphi gestellt, die sich während ihrer lebenslangen Suche nach der unbändigen Freude, die sie aus Kindertagen kennt, schließlich zu einem uneingeschränkten JA zum Leben und zur Liebe bekennt, aber auch zum Tod - sogar zum Freitod ihres Sohnes und zum Freitod ihres Bruders. "Durch Daniels Tod durfte ich erfahren, dass Getrenntsein eine menschliche Täuschung ist, es existiert nur Verbundenheit, eins mit Menschen, eins mit der Natur, ein mit dem gesamten Kosmos" erzählt Elphi und auch davon, dass während der Verbrennungszeit ihres Sohnes, während derer sie Hand in Hand mit Freunden auf dem Rasen vor der Leichenhalle stehend den Sonnengruß sabg, ihr verstorbener Sohn spürbar dabei gewesen sei. Was sie in einer Gänsehautszene zeigte: "Plötzlich hörte ich Jonas laut rufen: Mama, Mama, guck mal! Ich öffnete die Augen und folgte seiner Handbewegung, die auf den Himmel zeigte. An die fünf bis sechs Greifvögel bildeten einen Kreis am Himmel. Einer der großen Vögel sonderte sich von der Gruppe ab und zog seine Kreise genau über uns. Unfassbar und doch so offensichtlich, Daniel war spürbar mit uns."

Das sehr lebendig, sensibel und anschaulich geschriebene Buch soll zeigen, welch transformierende Kraft in Schicksalsschlägen liegen kann - eine Haltung, die ich aus eigenem Erleben nur bestätigen kann. Es soll eine Mut machende Hilfe für alle Menschen sein, die bereit sind, ihre eingeschränkte Sicht von sich selbst, der Welt, der Liebe und dem Tod in Frage zu stellen. Dass das Werk, das von Gesprächen zwischen zwei Therapeutinnen, Elphi und der Autorin, getragen wird, mit ganz viel Herzblut geschrieben wurde, erkennt man auf jeder Seite. Dass Elphi hier stellvertretend steht für die Autorin selbst, erscheint naheliegend. Das Konstrukt des therapeutischen Gespräches erscheint mir zwar entbehrlich, ja, das  unmittelbare Miterleben des Geschehens hätte mir besser gefallen, wäre mir noch intensiver erschienen, aber das ist letztlich Geschmackssache. In jedem Fall nimmt uns das, war wir hier erfahren, mit. Es macht nachdenklich und bringt immer wieder zu der Frage zurück, wofür wir dankbar sein dürfen.

Die Autorin: Hildegard Haehn ist Psychotherapeutin mit jahrzehntelanger Erfahrung. In ihrer Praxis bietet sie auch Meditation und Freie Systemische Aufstellungen an. Zuvor arbeitete die diplomierte Pädagogin als Volksschullehrerin und Schulpsychologin.

Hildegard Haehn, Vom Leben reich beschenkt, Ein Autofiktionaler Roman, 298 Seiten, Paperback, 14,95 Euro, Books on Deand Juli 2020.

Mittwoch, 9. September 2020

Schreibratgeber von Lajos Egri zur Entwicklung starker, origineller Figuren

Jedes Theaterstück, jeder Film, jeder Roman lebt von seinen Figuren und der Autor muss sie ganz genau kennen, um sie so zum Leben bringen zu können, dass Zuschauer und Leser nur allzu gern und fasziniert mitgehen. Lajos Egri (1888 - 1967) hatte es drauf. In seinem Standardwerk "Literarisches Schreiben" zeigt er ausführlich und anschaulich, wie es geht

  • starke Figuren zu entwickeln
  • originelle Ideen zu finden
  • die Handlung voranzutreiben.

Egri war daran gelegen, seine Studentinnen und Studenten ebenso wie seine Leserinnen und Leser dazu zu motivieren, Literatur "für die Ewigkeit" zu schaffen, also keine klischeebehafteten Abziehbilder als Figuren, sondern Menschen und deren Handlungen, die in sich schlüssig und einzigartig sind, die die Gefühle anspechen und die man so schnell nicht vergisst. Wer könnte zum Beispiel "Vom Winde verweht" oder "Die Dornenvögel" jemals vergessen. Voraussetzung für solch einen Erfolg sind Wissen und harte Arbeit. Es geht darum, die Entwicklung einer Figur glaubwürdig nachzuzeichnen und widersprüchliche Figuren mit unterschiedlichen Zielen in Abhängigkeit zueinander zu bringen. Wie das gelingen kann, zeigt Egri unter anderem, indem er Skizzen ganz unterschiedlicher Charaktere zeigt, die allesamt das Zeug haben, uns zu Geschichten zu inspirieren. Da wären zum Beispiel

  • der Geizhals
  • die Exhibitionistin
  • der Schnäppchenjäger
  • der Egozentriker
  • der Unterlegene

Jedes Mal wird spürbar, warum die Figur so werden musste, wie sie ist. Wenn man alles richtig macht, ergibt sich Dramatik fast von allein. Im Kapitel "Die Motivation" wird beispielsweise nachvollziehbar dargestellt, warum es möglich sein kann, dass ein eigentlich liebenswerter Mann, der sich selbst für hässlich hält, seine schöne Frau eines Tages brutal ermordet. Im Kapitel "Prinzipien des Schreibens" schließlich wird zusammenfassend noch einmal alles erklärt, was fürs literarische Schreiben unabdingbar ist, von der überzeugenden, möglichst zu Beginn zu entwickelnden These bis hin zu Höhepunkt und Auflösung. Neun einfache Gebote zur Dramaturgie schließen das Buch ab, das zum Selbststudium ebenso geeignet ist wie zur Anwendung in Schreibwerkstätten.

Ebenfalls im Autorenhaus Verlag erschienen ist Egris Lehrbuch "Dramatisches Schreiben". 

Der Autor: Der Ungar Lajos Egrie schrieb seinen ersten Dreiakter im Alter von zehn Jahren. Über fünfunddreißig Jahre lang war er als Theaterautor und Regisseur in Europa und den USA tätig. Er war Direktor der Egri School of Writing in New York, bevor er nach Los Angeles übersiedelte, um als Lehrer und Berater in der Filmindustrie zu arbeiten.

Lajos Egri, Literarisches Schreiben, Autorenhaus Verlag 2002/2018, 205 Seiten.

Ozelot und Friesennerz - Susanne Matthiessens Roman einer Sylter Kindheit

 "Ozelot und Friesennerz" von Susanne Matthiessen ist eingeschlagen wie eine Bombe - und das völlig zu Recht. Als geborene Sylterin kennt die Autorin die Seele der Schicki-Micki-Insel nur allzu gut. Dass sie vor dem Hintergrund des angesagten Pelzgeschäftes, das ihre Eltern auf der Insel betrieben, aufwuchs, gibt ihr wunderbar Gelegenheit, Promis und Möchtegern-Promis aus Insider-Sicht zu neuem Leben zu erwecken. Berühmte Leute, die auf der Insel einfach nur mal Mensch sein wollten, auf ihre Weise. Von Bohlen und Halbach zum Beispiel, der sich dort einen bodenlangen Pelzmantel arbeiten lassen wollte, mit Verschluss auf der Damenseite, was leider nicht auf Anhieb gelang, weil eines Tages ein Auto ins Schaufenster des Ladens donnerte und zahlreiche kostbare Pelze, darunter der seine, auf Nimmerwiedersehen verschwanden. Oder von Willy Brandt, der sturzbetrunken zwei Meter weit in die Tiefe fiel. Oder von Gunther Sachs, der mit eigenem Flugzeug anreiste, begleitet von seiner Equipage, um bei Fietje Fisch zu essen. Susannes Eltern aßen natürlich auch dort, weil das Essen gut war, aber auch, um zu sehen und gesehen zu werden. Gut fürs Geschäft. Gar nicht gut fürs Geschäft war die damalige Ehefrau des Playboys: Brigitte Bardot. Die wurde nämlich von der Schauspielerin zur Aktivistin und sorgte letztendlich dafür, dass Pelzmode, seit Jahrtausenden selbstverständliches Bekleidungsstück, allmählich den Bach runter ging. 

Mit vielen kleinen Anekdoten lässt uns Matthiesen an ihrer "ganz normal verrückten Kindheit auf Sylt" teilhaben, mit wissendem, liebevoll-kritischen Blick auf die Erwachsenen. Der "Roman einer Sylter Kindheit" ist kein klassischer Roman, aber herrlich kurzweilig. Die Sprache ist locker und unprätentiös. Das Buch liest sich weg wie nur was - ein einziges Vergnügen! Auch wenn man spätestens gegen Ende des Buches dann doch ein bisschen traurig wird über die aktuelle Entwicklung der schönen Insel, die die Autorin im letzten Kapitel mit deutlichen Worten kritisiert.

Die Autorin: Susanne Matthiessen, Jahrgang 1963, verarbeitet als Journalistin gesellschaftspolitische Entwicklungen  zu Programmideen für Radio, Fernsehen und Internet. Sie ist langjährige Dozentin an der Akademie für Publizistik in Hamburg. Fünfzehn Jahre lang war sie Kolumnistin für die Sylter Rundschau. Sie lebt gern in Berlin, so heißt es, lebt aber nur am Meer richtig auf.

Susanne Matthiessen, Ozelot und Friesennerz, Roman einer Sylter Kindheit, Verlag Ullstein, 245 Seiten, 20 Euro, als eBook 16,99 Euro.