Samstag, 29. September 2018

Natürlich gesund werden mit Uwe Karstädt - Lektine, Biofilm, Elektrosmog

Uwe Karstädt, Jahrgang 1953, ist Heilpraktiker und Bestsellerautor, genauer gesagt der meistgelesene Medizinautor im deutschsprachigen Raum. Er setzt sich ein für Gesundheit auf allen Ebenen:
  • sozial
  • körperlich
  • psychisch
  • spirituell
Nun hat er ein neues Buch geschrieben: "Natürlich werden Sie gesund - Einsichten, die Ihr Leben verändern". Darin beschäftigt er sich vornehmlich und eindringlich mit diesen drei Gesundheitsrisiken:
  1. Lektine - laut Karstädt können wir nicht mit den gleichen Nahrungsmitteln gesund werden, die uns krank gemacht haben
  2. Biofilm im Darm
  3. elektromagnetische Felder im Lebensumfeld
Er fordert seine Leser und Leserinnen auf, jetzt(!) konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um die Risiken, denen wir alle ausgesetzt sind, für sich und ihre Liebsten zu minimieren.

Teil 1: Lektine sind die Waffen der Pflanzen, die sie in ihren Samen und anderen Pflanzenteilen produzieren. Damit sind sie natürlich auch in Getreidekörnern enthalten und damit in Backwaren, aber auch in Fleisch und Geflügel - über die Nahrungskette. Viele Menschen haben noch nie von ihnen gehört, allenfalls im Zusammenhang mit einer Blutgruppendiät. Von Glutenunverträglichkeit werden Sie wissen. Aber wussten Sie, dass Gluten nur eines von Tausenden von Lektinen ist? Nicht alle sind gleich giftig, aber ... Und dennoch: Pflanzliche Kost, so zeigt der Autor, ist grundsätzlich wichtig und gesund.

Teil 2: Auch der Begriff Biofilm, 2006 wissenschaftlich bestätigt, dürfte für viele Leser und Leserinnen neu sein - nicht zuletzt für mich. Ihn zu entfernen, ist längst nicht so einfach, wie die Entfernung von Zahnbelag. Karstädt empfiehlt eine Detox-Darmkur mit einem speziellen Präparat auf der Basis von fermentierten Rindenfasern eine Pame im Zusammenwirken mit Okrapulver.

Teil 3: Die Bedrohung durch Elektrosmog ist seit etlichen Jahren allgemein bekannt. Karstädt rät eindringlich dazu, nachts die Verbindung zum WLAN zu kappen und keine stundenlangen Telefonate mit dem Handy zu führen. Und nicht nur das.

Unter der Überschrift "Und jetzt?" liefert der Autor am Ende jedes Buchteils Lösungsansätze. Er zeigt, dass jeder von uns trotz all der erdrückenden Vielfalt der uns umgebenden Probleme viel tun kann. Dass man handeln muss. Laut Karstädt hält der Bequemlichkeitsfaktor bislang aber viele Menschen davon ab. Sie denken, dass sie ja schon relativ gesund leben und dass das wohl reichen werde. Offensichtlich ein Irrglaube. Fallbeispiele und Fotos machen deutlich, was auf dem Spiel  steht. Laut Einstein misst man die Intelligenz an der Fähigkeit, sich und etwas zu verändern. In diesem Sinne ...

Uwe Karstädt, Natürlich werden Sie gesund, gebunden mit Schutzumschlag, KOPP-Verlag 2018, 383 Seiten.

Freitag, 28. September 2018

Wundermittel Wasserstoffperoxid wirkt antibakteriell, desodorierend, desinfizierend und heilend

Was haben Urinstein in der Toilette, Entzündungen im Mundraum und Lippenherpes gemeinsam? Sie können preiswert mit Wasserstoffperoxid behandelt werden. In ihrem gleichnamigen Buch stellt Dr. Natalie Lauer Wasserstoffperoxid als "Heilmittel und universelle Wunderwaffe", als Kosmetikum und Haushaltsmittel, vor. Sie preist das geruchlose, leicht saure, brandfördernde "Sauerstoffwasser" als
  • desodorierend
  • desinfizierend
  • wundheilend ohne Nebenwirkungen.
An anderer Stelle aber wird gewarnt. Darmspülungen mit 35%igem Wasserstoffperoxid sollten nur "mit äußerster Vorsicht" angewandt werden, da diese zu Blutungen, Gewebeschäden und Entzündungen führen können. Wie so oft also eine Frage der Dosis - je höher die Konzentration, desto gefährlicher. Beim Militär etwa wird eine 90prozentige Lösung zum Raketenantrieb gebraucht.
Die Autorin rät dazu, vor der Verwendung im medizinischen Bereich seinen Arzt zu Rate zu ziehen.

Durch die hohe Reaktionsfähigkeit und starke Umweltverträglichkeit ergeben sich vielfältige Anwendungsmöglichkeiten. Im Haushalt dürfte die Verwendung weniger riskant sein als am eigenen Körper, wo es oral,  intravenös oder epikutan (auf der Haut) verwendet wird.

HIer eine kleine Auswahl sonstiger Verwendungsmöglichkeiten:
  • Im Garten profitieren die Pflanzen. 
  • Es lässt sich zur Luftverbesserung einsetzen.
  • Es wirkt als Deodorant.
  • Es zaubert helle Highlights ins Haar.
  • Es kann bei verstopfter Nase helfen.
  • Es entfernt hartnäckige Flecken und Grauschleier.
  • Es eignet sich in Verbindung mit Backpulver zum Zähneputzen.
  • ...
Im Buch gibt es eine Übersicht über verschiedene Wasserstoffperoxid-Konzentrationen, Informationen  zur antibakteriellen Wirkung sowie zur Wundheilung und zu Herpesinfektionen, eine Meditation gegen Sauerstoffmangel, Informationen über die antidepressive Wirkung und über Kontraindikationen und manches mehr.

Die Autorin ist keine Ärztin, sondern promovierte Kunsthistorikerin. Als freie Autorin befasst sie sich unter anderem mit den Schwerpunkten Ernährung, Naturheilkunde und traditionelle medizinische Systeme. Außerdem ist sie als Übersetzerin für medizinische Fachbücher tätig.

Dr. Natalie Lauer, Wasserstoffperoxid - Heilmittel und universelle Wunderwaffe, Kopp-Verlag 2018, 144 Seiten, 9,99 Euro.

Donnerstag, 27. September 2018

Motivationskarten für mehr frische Luft und Natur: Einfach raus!

Ich gestehe: Ich bin eine Stubenhockerin, eine Schreibtischtäterin. Ich sitze einfach viel zu viel herum. Es gibt immer so viel zu schreiben und zu lesen. Außerdem finde ich es langweilig, draußen allein herumzuspazieren und so schnell finde ich keine Mitläuferin, keinen Mitläufer, wenn ich  - spontan entschlossen - endlich doch mal nach draußen will. Aber Sitzen ist bekanntlich das neue Rauchen - total ungesund. Es muss etwas geschehen! Also her mit den neuen Motivationskarten von Beate und Olaf Hofmann!

32 Karten stecken in einer hübschen Faltschachtel. Ich habe sie gleich umgeräumt in einen Serviettenständer aus Olivenholz - in Schneckenform. Es sagt ja niemand, dass ich draußen herumrennen muss. Langsam geht auch, vielleicht sogar besser.

Beate und Olf Hofmann, Inhalber der hope & soul company,  sind Experten für "grüne Resilienz". Lebenskraft, die Stärkung der inneren Ressourcen und die Kraftquelle Natur stehen in Vorträgen, bei Seminaren und in Büchern des Paares im Fokus. Mit ihrem Kartenset möchten sie zu Micro-Auszeiten, integriert in den Alltag, inspirieren. Ohne viel Aufwand, ganz einfach, denn: Das grüne Glück beginnt direkt vor der Haustür.

Beate und Olfaf Hofmann, Einfach raus! 32 Motivationskarten, Patmos-Verlag 2018, 15 Euro.

Montag, 24. September 2018

Oliver Stone: Die Putin-Interviews - vollständige Abschriften

Mal ehrlich, was wissen Sie wirklich über Wladimir Putin? Und was halten Sie von ihm? Wieweit ist Ihre Haltung wohl von dem geprägt, was die Medien über ihn berichten oder gar davon, was "man" so allgemein von ihm erzählt? Oliver Stone wollte sich sein eigenes Bild machen. In mehr als einem Dutzend Gesprächen über einen Zeitraum von zwei Jahren ist der Oscar-prämierte Regisseur dem russischen Präsidenten begegnet. Dieser wiederum hatte noch nie zuvor einem westlichen Gesprächspartner ein so langes und ausführliches Interview gegeben. Das erste Interview fand statt, als Stone in Moskau den NSA-Whistleblower Edward Snowdon aufsuchte, das letzte nach der Wahl von Donald Trump zum Präsidenten. In seinem Buch "Die Putin-Interviews" finden sich, so heißt es, die vollständigen Abschriften der Gesprächsprotokolle, die persönliche, provokante und manchmal auch surreal wirkende Unterredungen dokumentieren - unzensiert, ungekürzt und nicht aus dem Zusammenhang gerissen.

Putin spricht darin
  • über die russisch-amerikanischen Beziehungen
  • über den Vorwurf, der Kreml habe sich in die amerikanischen Präsidentschaftswahlen eingemischt
  • über Russlands Beteiligung an Konflikten in Syrien, der Ukraine und andernorts
  • über seinen Aufstieg zur Macht
  • über sein Verhältnis zu den US-Präsidenen Clinton, George W. Bush, Obama und Trump
Wenn es Sie zunächst einmal interessiert, was der russische Präsident zu ganz bestimmten Themen zu sagen hat, so finden Sie im Inhaltsverzeichnis unter dem Stichwort "Putin, Wladimir Wladimmirowitsch"  zahlreiche Einträge, die mit "über"  beginnen, wie über
  • Krieg
  • Familie
  • bin Laden
  • Demokratie und Freiheit
  • Arbeitszeitmanagement und nationale Sicherheit
  • die russischen Beziehungen zur Türkei
  • Tschetschenien
  • seine erste Präsidentschaft
  • Cyber-Kriegsführung
  • internationale Beziehungen
  • Souveränität 
Putin äußert sich nicht zu jedem Thema ausführlich, zum Thema Familie beispielsweise bleibt er relativ knapp. Stone scheint bei seinen Fragen keine Tabus zu kennen. Ein Beispiel: Er kommt vom Thema Sport unvermittelt zum Thema Homosexualität: "Was wäre, wenn einer der Spieler im Team, egal auf welcher Seite, in Russland zugeben würde, schwul zu sein? Würde man das geheim halten?" Putin [lacht]: "Ich habe wirklich die Nase voll von dem dauernden Gerede von Schwulen und Lesbierinnen! ... Bei uns existieren im Hinblick auf sexuelle Vorlieben keinerlei Einschränkungen und keine juristische Verfolgung. Solche Restriktionen haben wir in Russland einfach nicht." Etwas später führt er aus, dass das "Propagandagesetz" Propaganda für  Homosexualität bei Minderjährigen verbiete. Ab 18 Jahren aber gebe es keinerlei Einschränkungen mehr und man könne frei entscheiden, wie man sein Leben gestalten möchte.
Der Autor: Oliver Stone, US-amerikanischer Regisseur, Drehbuchautor und Produzent, Jahrgang 1949, gilt seit den 1980er-Jahren als einer der erfolgreichsten Filmemacher unserer Zeit. Seine traumatischen Erlebnisse als Soldat der US-Armee in Vietnam verarbeitete er im Kriegsdrama "Platoon" (1986), das mit vier Oscars ausgezeichnet wurde. Bekannt wurde er vor allem durch seine politischen Filme, die zum Teil hohe Wellen schlugen. Zu seinen erfolgreichsten Regiearbeiten zählen "Wall Street" (1987), "J.F.K." (1992), "Nixon" (1995) und "U-Turn - Kein Weg zurück" (1997). Stone macht sein Publikum mehr als nachdenklich. Zuletzt hat sein Film "Snowden" (2016) in den USA und in Europa eine polarisierende Wirkung entfaltet.

Oliver Stone, Die Putin-Interviews - Die vollständigen Abschriften, Kopp-Verlag 2018 , gebunden mit Schutzumschlag, 368 Seiten

Hirntumorpatient sucht nach Hilfe bei Wunderheilern, Geblendeten und Scharlatanen

Glauben Sie an Wunderheiler? Ach, Sie wollen zuerst wissen, ob ich daran glaube. Nun, ich weiß nicht so recht. Zumindest bin ich ziemlich neugierig, von Erfahrungen mit ihnen zu hören oder zu lesen. Deshalb finde ich auch das Wort "Wundersuche" von Thomas Bruckner so spannend. Der Untertitel "Von Heilern, Geblendeten und Scharlatanen" klingt schon fast ein wenig beängstigend, aber nicht minder interessant. Letzteres gilt erst recht für den Verfasser des Buches.

Thomas Bruckner, Jahrgang 1971, ein Reporter, sucht nach einer "aller Wahrscheinlichkeit nach gutartigen", aber dennoch bedrohlichen Hirntumordiagnose nach alternativen Heilungsmethoden, anstatt sich, wie von Ärzten empfohlen, operieren zu lassen Er begibt sich auf Reisen - sein Beruf bringt es ohnehin mit sich, mehrere Monate im Jahr auf Reisen zu sein - und trifft dabei auf die irritierende Welt der Heiler und der Heilsuchenden. Er begegnet
  • dem bodenständigen Heiler im Nachbarort, der ihn für 10 Euro behandelt
  • dem Voodoo-Priester in Togo
  • dem Geistchirurgen auf den Philippinen
  • dem Schamanen in Bulgarien
  • (mehrfach) Joao de Deus in Brasilien, dem bekanntesten Medium der Welt, der viele Hilfesuchende im Bruchteil von Sekunden behandelt und andere auf bedrohlich wirkende, sichtbare Weise operiert, oft mit einer in ein Nasenloch eingeführten Schere (zu sehen auf You Tube), und auf unsichtbare Weise Massenoperationen vornimmt, oft völlig abwesend wirkend und mitunter sogar mit verbundenen Augen
  • dem Aurasichtigen
  • dem Handaufleger
  • Leuten, die vorgeben, mit Toten zu kommunizieren
  • dem österreichischen Heiler, der den Tumor für eine harmlose Zyste hält oder auch
  • Herrn Vogel, der mit Röntgenblick ganz viele Details erkennt - in Bezug auf seine Gesundheit, aber auch auf persönliche Lebensumstände, so dass Bruckner nur noch fragen kann: "Woher wissen Sie das alles?" "Ich sehe es." Er könne den Gesundheitszustand aller Menschen sehen, sagt er, selbst über Fotos. Aber er dürfe nur mit deren Zustimmung darüber reden. Der Hirntumorpatient fragt nach seinem Kopf. "Unauffällig", lautet die "Diagnose". Als Bruckner sich endlich verärgert als Journalist outet und die meisten Aussagen des Röntgenmannes, wie etwa die Tatsache, dass er zwei Kinder habe, als völlig falsch bezeichnet, redet Herr Vogel sich in aller Dreistigkeit heraus. ...
Bei all seinen - oft genug skurril wirkenden - Erlebnissen bleibt der ausgebildete Sozialpädagoge,  ehemaliger Snowboardprofi und Aufdeckungsjournalist ein Zweifelnder. Zugleich aber ist er fasziniert. Er lässt sich auf sehr vieles ein und stößt an die Grenzen des Fassbaren. Seine Erfahrungen lehren ihn den Glauben an die Hoffnung. Ob Bruckner Heilung findet oder nicht, soll hier nicht verraten werden.

Thomas Bruckner - Wundersuche - Von Heilern, Geblendeten und Scharlatanen, Picus-Verlag 2018, gebunden mit Schutzumschlag, 256 Seiten, 22 Euro.

Sonntag, 23. September 2018

Mount Everest und Andy Holzer - als blinder Bergsteiger bis auf den Gipfel

Erste Frage: Könnten Sie sich ernsthaft vorstellen, mit dem entsprechenden Training natürlich, den Mount Everest zu besteigen? Tatsächlich? - Alle Achtung! Zweite Frage: Wie ist es um Ihr Sehvermögen bestellt? Wie wichtig wäre es Ihnen, wenn Sie endlich auf dem Gipfel stünden, den gigantischen Ausblick zu genießen? Was für eine Frage, werden Sie vermutlich denken. Für Andy Holzer war das keine Frage. Er wollte unbedingt da rauf. Und: Er ist von Geburt an blind ...!

Im Mai 2017 schaffte er das, was doch fast unmöglich erscheint: Nach Monaten der Vorbereitung und Wochen der körperlichen Anpassung erreichte er den Gipfel und erfüllte sich damit seinen größten Traum. Dieser Erfolg war ihm nicht gleich beschieden gewesen. 2014 und 2015 musste er umkehren - wegen ener Lawine und einer Erdbebenkatastrophe. Er wusste, dass es so kommen konnte. Er wusste, dass der Mount Everest von jetzt auf gleich unerreichbar werden kann durch massiven Wetterwechsel, hundert Meter vor dem Ziel oder so, so dass eine Umkehr der einzige Weg ist, zu überleben. Im dritten Anlauf endlich gelang es. Daheim, so heißt es, kann Holzer ohne seine Frau nicht einmal vor die Tür gehen. Dennoch ist er kein verrückter Draufgänger, sondern ein Mensch, der seine Stärken nutzt und seine Teamfähigkeit und Führungsqualitäten bewusst und gezielt einsetzt. Einer, der auf seine Teamkollegen zu hundert Prozent vertraut und akezptiert, dass er auf sie angewiesen ist. Kameraden, mit denen er bei einem maximalen Abstand von zehn Metern im gleichen Tempo geht. Als ein Mann allerdings, der  für ein und dieselbe Strecke bei Auf- und Abstieg ungleich mehr Energie verbraucht als ein Sehender.

Was für ein Mut, was für eine Leidensfähigkeit ...! Hozer ist davon überzeugt, dass wir alle persönliche Grenzen und innere Gipfel überwinden können: "Jeder hat seinen Everest", schreibt er in seinem Buch "Mein Everest - Blind nach ganz oben".

Der Autor: Andy Holzer, 1965 in Osttirol geboren, hat als  professioneller Bergsteiger die "Seven Summits" erklommen, also die höchsten Gipfel aller Kontinente. Als Vortragsreisender ist er in aller Welt unterwegs. In den Medien ist er ein gefragter Interviewpartner. Sein Buch "Balanceakt" wurde ein Bestseller und ist ebenfalls bei Patmos erschienen.

Andy Holzer,  Mein Everest, Patmos-Verlag 2018, Hardcover mit Schutzumschlag, 242 Seiten, 20 Euro.


Samstag, 22. September 2018

Sterbebegleitung - Sterbende verstehen und würdevoll Abschied nehmen

Als mein Vater sich im Alter von 86 Jahren ans Sterben machte, ging alles doch sehr schnell. Bisher hatte er mit seiner zweiten Frau eigenständig zusammengelebt. Der Hauptteil der Arbeit ruhte auf seinen Schultern. Für ihn war das okay - er half gern. Nachdem ich ihn ins Krankenhaus gebracht hatte und er bald darauf merkte, dass sein Leben zu Ende gehen könnte, wurde er trotzig. "Ich will jetzt nach Hause und endlich mal tun, wozu ich(!) Lust habe ...!" Zu spät. Er wurde nach  mehreren Operationen in ein Altenheim verlegt und ich macht mich vom Norden aus auf den Weg, um ihn in Nordrhein-Westfalen noch einmal für wenige Tage zu besuchen und an seinem Bett zu sitzen. Als ich ihn zum Abschied küsste, weil meine arbeitsfreien Tage endeten, sah er mich mit weit aufgerissenen Augen an und sagte eindringlich: "Auf Wiedersehn!" Wenige Tage später starb er - und ich war weit weg. Ich war ziemlich sicher, dass zwischen uns alles gesagt war. Dennoch fragte ich mich: Hätte es etwas gegeben, was ich noch hätte tun können ...? Ich wusste es nicht.

"Ich lass dich nicht allein im Sterben - Würdevoll Abschied nehmen" heißt das Buch von Sterbeforscher Bernard Jakoby und Hospizleiterin Marie-Luise Nieberle. An vielen Fallbeispielen zeigt es, wie Sterbende sich verhalten, was sie noch wahrnehmen können, was sichere Anzeichen des baldigen Abgangs sind, welche Wünsche sie noch äußern könnten und dass man sie ernst nehmen sollte, dass plötzlich zunehmende körperliche Kräfte bei gleichzeitiger Verweigerung der Nahrung in der Regel keine Besserung des Zustandes bedeuten und manches mehr.

Man erfährt
  • dass die Erfahrung des Sterbens das eigene Leben verändern wird
  • wie sichere medizinische Zeichen des unmittelbar bevorstehenden Todes aussehen
  • welche symbolischen Anzeichen es gibt
  • wie durch den Tod eines Angehörigen das Familiensystem bedroht werden kann
  • welche Rituale hilfreich sein können
  • wie Märchen in der Trauerarbeit Anwendung finden
  • ...
Ich hätte mir gewünscht, ein Buch wie dieses gelesen zu haben, als es für  meinen Vater ans Sterben ging. Vielleicht wäre es dadurch leichter geworden - für ihn und für mich.

Bernard Jakoby, Marie-Luise Nieberle, Ich lass dich nicht allein im Sterben - Würdevoll Abschied nehmen, Verlag Knaur Menssana 2018, Hardcover mit Schutzumschlag, 220 Seiten, 19,99 Euro. 

Donnerstag, 20. September 2018

Literarisches Fundbüro für Träume und Gefühle, Hoffnungen und Wünsche

Das ist ein bezauberndes Buch: "Guten Tag, haben Sie mein Glück gefunden?". Im "Fundbüro für Gefühle, Hoffnungen und Wünsche" ist so einiges zu entdecken, und das ist gut so. Immerhin verlieren wir im Laufe unseres Lebens nicht nur immer wieder Dinge wie einzelne Socken, Schlüssel, Brillen oder Armbänder. Wir verlieren auch viel Immaterielles, wie
  • eine Idee
  • eine Überzeugung
  • ein Gefühl
  • Träume
  • Herzen
  • verschollene Leidenschaften
  • den verflüchtigten Glauben
  • ...
Patrick Bolle und Andrea Keller haben solche "Lost & Founds" gesammelt und in einem Buch vereint.

Da gibt es Verlorengeganges wie dieses:
"Lost. World humanity! Wo haben sich Mitgefühl, gegenseitige Unterstützung und Zusammenhalt versteckt? Bei Hinweis bitte melden! m, 20 +"

Da gibt es Gefundenes wie dieses:
"Worte. Wort habe ich gefunden und einfach heimlich behalten. Ich finde sie sehr nützlich. ... Unglaublich, was man mit so ein paar Worten anstellen kann! m, 60 +"

Aber es gibt auch Lost und Found in einem. Da ist die 40jährige, chronisch kranke Frau, die - derzeit unheilbar - ihre Leistungsfähigkeit verloren hat. Was sie stattdessen fand: Langsamkeit, Ruhe, Geduld und eine Bewusstheit für die kleinen Momente und Augenblicke im Leben. Inzwischen bedeutet ihr das neu Gefundene (fast) mehr als das Verlorene.

Viele Menschen aus allen Generationen kommen zu Wort und das macht den größten Teil des Buches aus. Daneben gibt es immer wieder ein paar freie Zeilen, in die man eigene Such- und Fundstücke eintragen kann. Und es gibt verbindende, nachdenkliche machende Worte des Autorenteams.

Dieses Buch ist eine kleine Perle für alle, die gern tiefer schürfen.

Patrick Bolle, Andrea Keller, Guten Tag, haben Sie mein Glück gefunden? Verlag rororo 2018, Hardcover, 14 Euro.

Mittwoch, 19. September 2018

Kränze und Flower Hoops für jede Gelegenheit selber binden

Es soll Menschen geben, die mögen Kränze nicht. Für sie gehört ein Kranz zu einem Begräbnis - zu sonst nichts. Wie schade. Wir mich ist ein Kranz eher ein Zeichen von Unendlichkeit, von Vollkommenheit - etwas Schönes. Kränze selbst zu binden, auch das ist etwas Schönes. Es kann aufwändig sein, aber das muss es nicht. Es gibt Kränze, da stecken Blatt an Blatt, Blüte an Blüte. Auf dem Titel des Buches "Kranzbinderei - Flower Hoops und Kränze selbst gemacht" sind gerade einmal vier Blüten zu sehen, in unterschiedlichen Rottönen, dazu ein wenig Grün. Sieht super aus. Wenn man das Buch aufschlägt und darin blättert, findet man eine Vielfalt von Möglichkeiten und Ideen, wie:
  • kleine Kräuterkränze für die Küche
  • einen wunderschönen Blütenkranz, im Haar zu tragen, vielleicht für eine Braut
  • ein schnell gemachter Eukalyptuskranz, der, kombiniert mit weißen Kerzen, zum eleganten Adventskranz wird
  • filigrane Kränze mit Ranunkeln oder aus Hortensien, in Aquafarben
  • einen romantischen Kranz aus Schleierkraut
  • einen Kranz auf Basis eines Strickrahmens
  • oder auch nur einzelne Blüten an der Wand als Flower Wall
Man braucht nicht viel, um all diese Ideen zu verwirklichen: einen Rohling, etwas Draht, Blätter und Blüten, ein wenig Zeit. Die Erklärungen in Wort und Bild sind eindeutig und leicht nachzuvollziehen. Schön anzusehen und leicht nachzumachen.

Karin Heimberger-Preisler, Kranzbinderei - Flower Hoops und Kränze selbst gemacht, Edition Michael Fischer 2018, Hardcover, 112 Seiten, 15,99 Euro.

500 verschiedene Hoodies und Pullis aus Jersey einfach selber nähen

Ich mag Jersey. Klamotten daraus sehen immer so wunderbar leger und gleichzeitig angezogen aus. Und sie sind unschlagbar bequem. Hoodies mag ich ganz besonders. Sie sehen sportlich aus und jugendlich und irgendwie nach guter Laune. Ich glaube, ich sollte mir so ein Ding mal selber nähen. Unterstützung bekomme ich von Svenja Morbach und ihrem neuen Buch "Alles Jersey - Hoodies & Pullis Schnittteile kombinieren". Per Kombination kann man über 500 verschiedene Pullover nähen. Okay, ganz so viele brauchte ich ja nun nicht, aber ...

Bevor es mit den Modellen richtig losgeht, gibt es allerhand Theorie. Sie erfahren beispielsweise, wie Sie
  • das richtige Material finden
  • mit einer Overlockmaschine nähen  - nicht zuletzt, wie Sie das Ding richtig einfädeln
  • die für Sie passende Größe festlegen
  • Schnitte auf Ihre Figur anpassen - ich brauche immer ein wenig mehr Länge
  • richtig mit den so dekorativen Teilungsnähten umgehen
  • Jersey vor dem Nähen waschen (wobei meine Freundin Astrid empfiehlt, ihn einfach nur kräftig mit dem Bügeleisen abzudampfen, so dass er etwas eingeht)
  • Armflicken aufsetzen
  • ...
Sie finden Projekte verschiedener Schwierigkeitsgrade, von "anfängertauglich" bis hin  zu "tricky, aber auch das schaffst du!". Echt knuffig finde ich Modell "Sophia", ein Sweatkleid mit Schalkragen und angesetztem kurzem Rock. Cardigan "Antonia"  hat keine Kapuze, dafür aber einen schicken, langen Kragen. "Fee" fällt durch Trompetenärmel und die vordere Schnürung angenehm ins Auge. Und "Kirsten" ist ein Klassiker: eine Sweatjake aus Doubleface-Stoff mit Cuff-Bündchen und Reißverschluss. Nur mal so als Beispiele  ...

Hinten im Buch finden Sie einen Schnittmusterbogen mit lauter Grundschnitten, zum Herauskopieren und Kombinieren.

Svenja Morbach, Alles Jersey - über 500 Pullover nähen, Edition Michael Fischer 2018, Hardcover, 128 Seiten, 17,99 Euro.


Montag, 17. September 2018

Apollo-Mondlandung vor 50 Jahren - Texte und Grafiken über den Wettlauf zum Mond

Am 21. Juni 2019 wird es 50 Jahre her sein. Ich erinnere mich noch genau. Es war in Bayern, Chiemsee-Nähe. Mit Eltern und Geschwistern machte ich Ferien auf dem Bauernhof. Wi saßen mit den Bauersleuten in der bayerischen Wohnküche auf der Eckbank vor dem kleinen Fernsehgerät. Man hörte ungewohnte Laute, sah verwaschene Bilder. Die Aufregung war groß. Gleich würden die ersten Menschen den Mond betreten ... wow!
Inzwischen habe ich tatsächlich gehört, die ganze Mondlandung sei nur ein Fake, die Bilder seien sonstwo gedreht worden, nur  nicht auf dem Mond. Und wie sonst sei zu erklären, dass es von konkurrierenden Staaten noch keine weitere Mondlandung gegeben habe?! Doch dann lese ich, es habe danach noch fünf weitere bemannte Apollo-Mondlandungen gegeben, snsgesamt zwölf Astronauten der NASA hätten den Mond betreten.
Wieso habe ich das vergessen? Habe ich es gar nicht mitbekommen? Was soll ich dazu sagen? Ich war nicht dabei. - Was ich aber weiß, es macht Spaß, sich an diese aufgeregte Zeit zu erinnern. Zack Scott sorgt dafür, dass ich mich ein wenig besser erinnern kann.
Mit "Apollo - Der Wettlauf zum Mond" hat er ein sehr besonderes Sachbuch voller Grafiken gemacht, eine Art Bilderbuch für Nostalgiker. Okay, Text gibt es auch, aber was ins Auge fällt, sind die Grafiken, viele davon auf schwarzem Grund. Die Missionen Apollo 1 bis Apollo 17 - einschließlich der unbemannten Missionen , das Apollo-Sojus-Projekts und er Skylab-Mission werden ind Wort und Bild dargestellt - aber: Es gibt kein einziges Foto. In Steckbriefen werden die Astronauten porträtiert- auch hier: gezeichnete Porträts. Es gibt Wissenswertes und bedingt Wissenswertes, so zum Beispiel, wieviel Gewicht die einzelnen Weltraumfahrer  während ihres Einsatzes verloren haben. Oder wie viele Kilometer Stromkabel das Kommandomodul verdrahteten, dargestellt an einer sich durch gleichförmige Häuschen im Siedlungscharakter windende Straße. Jede Menge Statistiken, Fakten und Infografiken zum Mond und zum Apolloprogramm.
Ein Buch für Freaks, für Nostalgiker, für Weltraumbegeisterte, für ... Na, vielleicht gerade für Sie ...!

Zack Scott, Apollo - Der Wettlauf zum Mond, Droemer-Verlag 2018, Hardcover, 162 Seiten, 28 Euro.

Sonntag, 16. September 2018

Margot Käßmann: Lebensratgeber über schöne Aussichten auf Glück im Alter

So ganz allmählich nähere ich mich dem Rentenalter. Das ist teilweise ein gutes Gefühl - in der Hoffnung, dass die Renten ja vielleicht doch sicher sein könnten. Es ist aber auch ein besch ... Gefühl - wer ist schon gern alt?! Allzu leicht verbindet man damit die Gedanken an Falten, Krankheit, Verlust, Verzicht, Beschwerlichkeiten aller Art ... Altsein ist nichts für Feiglinge - schon klar. Solche Gedanken brauchen ein Gegengewicht.

Wie man gelassen und voller Zuversicht älter werden kann, beschreibt Margot Käßmann in ihrem neuen Buch. Der Titel: "Schöne Aussichten auf die besten Jahre". Ihre Erkenntnis: "Älterwerden und Glücklichsein schließen sich nicht aus!" Das klingt doch gut,  oder. Gleich mal reinlesen ...!

Käßner stellt sich sehr persönlich Fragen:
  • Worauf kann ich mich freuen?
  • Welche Schwierigkeiten gilt es zu meistern?
  • Was stärkt mich auf meinem Weg?
  • Wie steht es um tragende Freundschaften, um die Familie und ums Alleinsein?
  • Welche guten Gewohnheiten haben Bestand?
  • Welche Veränderungen helfen weiter?
  • Wo erlebe ich Glück, wo Scheitern?
  • Wie kann ich neu gewonnene Freiheiten genießen?
  • Wie gehe ich mit den abnehmenden Kräften um? Welche Kraftquellen nähren mich?
Das Buch steckt voller Geschichten. Käßner erzählt zum Beispiel von zwei Freundinnen, die mit deutlich älteren Männern verheiratet sind. Als beide dement werden, erleben sie sich als "verheiratete Singles". Allein lebt auch die Autorin selbst - sie macht klar, dass das heute absolut kein Stigma mehr und teilweise ausgesprochen erstrebenswert ist. Eine Stelle im Buch, die mir besonders gut gefällt: Eine ältere Teilnehmerin im Projekt Erna - Erzählende Nachbarschaft - erzählt aus ihrem Leben: "Manchmal, wenn ich durch den Garten laufe, dann möchte ich einen Handstand machen! Am Apfelbaum" Und dann fällt mir wieder ein, dass ich eine alter Frau bin ... Na ja, aber die Schaukel meiner Enkel, die kann ich noch benutzen. Kindchen, ich sag Ihnen eins - machen Sie jede Menge Handstand, solange Sie können!"

In diesem Sinne ... genießen Sie das Leben, in jedem Alter!
Die Autorin: Margot Käßmann, Jahrgang 1958, Pfarrerin im Ruhestand, Mutter von vier Töchtern, ist eine der bekanntesten kirchlichen Persönlichkeiten Deutschlands. Als Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland und danach gewann sie mit ihrer offenen, gradlinigen Art die Herzen vieler Menschen. Einen Ausgleich zu ihren Aufgaben findet sie beim Joggen und im Miteinander mit ihren Enkeln.

Margot Käßmann, Schöne Aussichten auf die besten Jahren, bene! Verlag 2018, Hardcover mit Schutzumschlag, 236 Seiten.

Samstag, 15. September 2018

Simplify your food - Susanne Seethalers Kochbuch für ein gutes Gewissen

Vor etlichen Jahren hielt ich zum erstenmal ein Kochbuch von Barbara Rütting in Händen. Es war ein unscheinbares Taschenbuch, aber es faszinierte mich. Meine Kinder waren klein und ich wollte gesund und so natürlich wie möglich für sie kochen und dabei genauso strahlen können, wie die Rütting es tat.

Heute sind die Kinder groß und tolle Kochbücher gibt es in Hülle und Fülle. Gesund kochen und leben möchte ich immer noch. Von Nachhaltigkeit sprach damals noch kaum jemand; heute begegnet man diesem Wort ebenso wie dem Begriff Achtsamkeit an jeder Ecke. Zu Recht, wie ich finde.

Wer heute möglichst alles richtig machen will, der kocht
  • nachhaltig
  • ökobewusst
  • gesund und
  • ohne etwas zu verschwenden
Doch welch hehrer Anspruch - geht das überhaupt? Susanne Seethaler, bekannt als Zen-Köchin, ist davon überzeugt. In ihrem Kochbuch für ein gutes Gewissen, genannt "simplify your food", beweist sie, dass wir alle unseren Teil zur Rettung der Welt beitragen können. Das Argument, der Einzelne könne doch kaum etwas tun, lässt sie nicht gelten. Sie liefert über 50 regionale Rezepte, sortiert nach Jahres- und Erntezeit, die eine "erdenfreundliche Ernährung" ein wenig leichter machen. Frau Rütting würde das Marmeladenrezept von Seethalers Großmutter ohne Gelierzucker, dafür mit 1,5 Kilo normalem Zucker, vermutlich nicht gefallen und auch sonst gibt es so einige Lieblingsrezepte aus der Kindheit der Autorin, die "obwohl ..." Aufnahme ins Kochbuch fanden. Seethalers Credo trägt dennoch durchs Buch: "Wer Werte wie Mitgefühl, Dankbarkeit und Freude in seine Küche bringt, macht nicht nur seinen Magen glücklich." Dass mit ihrem Kochbuch die Welt zu retten ist, bezweifle ich, dass es viele gute Impulse setzt, bezweifle ich nicht.

Ihr Buch garniert die Autorin mit vielfältigen Hinweisen und Geschichten, was erklärt, dass es bei rund 200 Buchseiten nur etwa 50 Rezepte gibt. Sie räumt auf mit Vorurteilen, beispielsweise zur Wirkungsweise von Superfood, denn, nur ein Beispiel: "Die geballte Ladung an Spurenelementen und Vitamin C der exotischen Gojibeere wird von Sauerkraut, Brokkoli und der Schwarzen Johannisbeere bei weitem übertroffen." Sie erzählt, dass die Strahlenbelastung in Süddeutschland auch Jahrzehnte nach Tschernobyl noch so  hoch ist, dass dort geschossene Wildtiere eigentlich als Sondermüll entsorgt werden müssten, oder dass wir mit den aneinandergereihten Plastiktüten dieser Welt die Erde zig-mal würden einwickeln können. Sie stellt uns ihre Schwester Michaela vor, die fünf Jahre lang als Sennerin arbeitete, im Morgengrauen aufstand, Gemüse auch unter erschwerten Bedingungen anbaute, das Butterfass drehte, bis ihre Muskeln brannten wie Feuer und gerade dadurch so "viel bewusster und dankbarer dem Leben gegenüber" wurde.

Susanne Seethaler, simplify your good - Denn die Rettung der Welt beginnt in der Küche, Verlag Knaur Balance 2018, Klappenbroschur, 207 Seiten, 18 Euro.

Freitag, 14. September 2018

Alles über Bakterien, Pilze und Viren - Bockmühls Hygiene-Sprechstunde

Nicht nur beim Oktoberfest auf der Wies'n - überall, wo Lebewesen zusammenkommen, können Keime übertragen werden.Deshalb sollte man gerade bei großen Menschenansammlungen vermehrt auf Hygiene achten. Regelmäßiges Händewaschen ist angesagt. Auch ein kritischer Blick aufs Brathendl kann helfen. Sieht das wirklich gar aus? Zum Glück schützt uns unser Immunsystem relativ gut, solange es einigermaßen hygienisch zugeht.

In seinem Buch „Keim daheim“ erläutert Professor Dirk Bockmühl nicht nur das Zusammenleben mit Mikroorganismen im eigenen Haushalt, er gibt auch Tipps zum richtigen Umgang mit Keimen vor der Haustür. Sie erfahren, wie man die guten Mikroben unterstützt und die bösen, die zuweilen doch sehr gefährlich werden können, los wird.

Hier ein beispielshafter Blick ins Inhaltsverzeichnis:
  • Ohne Wirt geht nix - Viren und Parasiten
  • Mikrobielle Bandenkriminalität
  • Eine kleine Einkaufsliste gegen Keime
  • Wie Reinigung funktioniert und wie man damit Geld spart
  • Warum das Klo besser ist als sein Ruf
  • Von Horrorschwämmen und Killerlappen
  • Keime in der Waschmaschine
  • Die "klassischen " Krankenhauskeime 
  • Das richtige Mittel zur rechten Zeit
Sie erfahren schließlich auch, dass die vielleicht angenehmste Art, sich vor Keimen zu schützen, eigentlich ganz einfach ist: Ziehen Sie Umarmungen dem Händeschütteln vor. Und dann dies: Man möge sich überlegen, was man in der prinzipiell im Sinne der Hygiene durchaus empfehlenswerten Spülmaschine reinigen will und was nicht. Der Spülschwamm könnte auch dort zur Bakterienschleuder werden und dass manche Menschen das Behältnis für die Klobürste in der Spülmaschine reinigen, findet Bockmühl offenbar auch nur mäßig amüsant.

Ein paar nette, kleine Illustrationen erhöhen das Lesevergnügen.

Der Autor: Prof. Dr. Dirk Bockmühl, Jahrgang 1972, befasste sich bereits in seiner Dissertation mit den krankheitsfördernden Mechanismen beim Hefepilz Candida albicans. Seit 2010 unterrichtet er als Professor für Hygiene und Mikrobiologie an der Hochschule Rhein-Waal in Kleve.

Dirk Bockmühl, Keim daheim, Droemer-Verlag 2018, Klappenbroschur, 287 Seiten, 16,99 Euro.

Donnerstag, 13. September 2018

Inspiration zu mehr Selbstverwirklichung im Alltag und Überwindung des Ego mit Mooji

Kennen Sie Mooji. Der spirituelle Lehrer ist ein direkter Schüler des indischen Advaita-Meisters Sri H.W.L. Poonja, genannte Papaji, und des Weisen Sri Ramana Maharshi. Mooji stammt aus Jamaika, lebt aber heute in Portugal. Dort leitet er große Retreats (Satsangs), die weltweit von Zehntausenden von Menschen über die sozialen Medien verfolgt werden. 1987, so heißt es, kam Mooji durch Gebet in die "dirreke Erfahrung des Göttlichen". Er begann ein neues Leben - in ruhiger Einfachheit und Hingabe. Er führt die Menschen seitdem durch die Methode der Selbstbeobachtung zu Selbsterkenntnis, zu einem Bewusstsein, dass das eigene Ego weit übersteigt. Ein Bewusstsein, das für ihn "weiter als Himmel, größer als Raum" ist. Und genau so heißt sein Buch.

Mooji erläutert die großen Fragen:
  • Wer sind wir?
  • Wie können wir in Frieden und Freude leben?
  • Ist Selbstverwirklichung in einem ganz normalen Lebensalltag überhaupt möglich und wenn ja, wie?
  • Wie überwinden wir unterdrückte Emotionen?
  • Wie schaffen wir ein mitfühlendes Miteinander?
  • Wie werden wir innerlich wirklich frei?
  • Kann Erleuchtung ein reales Ziel - für Sie, für mich - sein?
Mooji stellt vieles in Frage. Er warnt unter anderem davor, voreilige Schlüsse zu ziehen, weil der Verstand immer voreilig reagiere, die Dinge immer falsch interpretiere. Erschütterungen solle man lieber als bedeutsame Anstöße sehen, als große Hilfen, die zu un einem tieferen Verständnis unseres Wesens führen können. - Ein Rat, den ich gerade in einer persönlich schwierigen Situation sehr gut gebrauchen kann.

Im vorliegenden Inspirationsbuch, das erste aus seiner Feder, das in deutscher Sprache erschienen ist, bietet der weltweit bekannte Autor eine Fülle von Weisheiten und Einsichten. Lehrgeschichten und Selbsterfahrungsübungen machen das Buch, das sich als Leitfaden zur Erkenntnis unseres wahren Wesens versteht, rund. Eine der - für mich - schönsten Einsichten aus dem Buch lautet so: "Es muss nicht beschwerlich sein."

Mooji, Weiter als Himmel, größer als Raum - Das Buch der inneren Befreiung, Hardcover mit Schutzumschlag, O.W.-Barth-Verlag 2018, 336 Seiten, 19,99 Euro.

Dienstag, 11. September 2018

Basteln zu Weihnachten und Advent mit Motivpapier "Papierglück"

Vor mir liegt ausnahmsweise mal kein Buch, sondern ein Block. Was ist das überhaupt für ein Format? Irgendwas zwischen A 3 und A 4. Egal. Schick ist er jedenfalls, der Block. Er hat auch einen Namen: Papierglück. 26 Blatt Motivpapier sind darin enthalten, je 34 x 24 cm groß. Das Papiergewicht kann sich sehen lassen: 250 g/m².

Eine Doppelseite enthält Bastelanleitungen, für
  • die "wunderfeinen Geschenkhäuschen"
  • die "hyggelige Weihnachtspost"
  • eine Wimpelkette
  • Geschenkbuttons mit Herz
  • Anhänger für Baum und Fenster
Die Papiere lassen sich auch ohne Anleitung benutzen, nach Lust und Laune, für Adventliches und Weihnachtliches. Bei einigen ist schon auf den ersten Blick erkennbar, was man damit tun soll. Ausschneiden zum Beispiel und dann an einen Zweig hängen. Oder ausschneiden und dann beschriften, von hinten. Es gibt drei Seiten, die jeweils 18 Buchstabenkarten enthalten. Die, na was wohl, schneidet man aus. Und dann kann man  zum Beispiel "Merry X-mas" daraus zusammenstellen, denn das M gibt es wohl nicht zufällig zweimal - und einen Trennungsstrich gibt es auch.

Papierglück hyggelige Weihnacht, monbijou im Lingen Verlag 2018, 7,95 Euro.

Bastelanleitungen und Faltpapier für dezente, dekorative Wintersterne

Ein dreiblättriges, quadratisches Faltblatt zeigt, wie man die schönen Wintersterne faltet. Es enthält fünf verschiedene Anleitungen, jeweils in Wort und Bild beziehungsweise Grafik. Das versteht jede/r und in Nullkommanix ist der erste Stern auch schon fertig.

25 Blatt Faltpapier mit einem Gewicht von 90 g/m² in 12 verschiedenen Designs gehören  zum Lieferumfang von "Ich 'liebe' Falten - Wintersterne". Na ja, genau gesagt sieht man auf dem Titel statt des Wortes "liebe" ein Herz, aber das ist ja kaum ein Unterschied.

Welches Papier mir am besten gefällt, kann ich einfach nicht sagen. Die Blautöne sind ebenso hübsch wie die Abstufungen von Weinrot oder Beige. Dazu dezente, stimmungsvolle, dekorative Muster.

Ein schönes und recht preisgünstiges Mitbringsel zum Adventskaffee. Da lässt sich die Entspannung beim gemütlichen Zusammensein für die Gastgeberin noch eine Weile fortsetzen, wenn die Gäste schon längst wieder weg sind.

Hübsch!

Ich liebe Falten - Wintersterne, Monbijou 2018, Faltpapier und Anleitungen, 6,95 Euro.

Montag, 10. September 2018

Entspanntes Familienleben - Alternativprogramm: mal bildschirmfrei

Ich muss es ja zugeben, ich hocke häufiger vor dem Bildschirm als gut ist. Schon beruflich sind es etliche Stunden vor dem PC. Was mich nicht daran hindert, mich abends aufs Sofa zu packen und den Fernseher einzuschalten.

Manchmal erinnere ich mich daran, wie es war, als der erste PC Einzug in unser Familienleben hielt. Da hatten die Kinder noch strikte Anweisungen: 30 Minuten am Tag und dann wird die Kiste ausgemacht. Bei Ihren Kindern klappt das nicht und Sie denken, heute ließe sich so etwas auch gar nicht mehr duchsetzen? Dann brauchen Sie vermutlich neue Einsichten und andere Unterstützung. In ihrem Buch "Heute mal bildschirmfrei" bieten als Medienpädagogin Paula Bleckmann und als Journalist Ingo Leipner ihr "Alternativprogramm für ein entspanntes Familienleben".

Die Autoren wissen, dass es sehr viele Eltern gibt, die ihre Kinder schützen möchten vor
  • Computerspielsucht
  • Schlaf- und Konzentrationsstörungen oder gar
  • Cybermobbing und Internet-Pornos 
Das Buch, das zeigt, das Eltern durchaus eine Chance haben, nicht an die angebliche Alternativlosigkeit der Bildschirmabhängigkeit zu glauben, möchte nicht sauertöpfisch-belehrend daherkommen, sondern fröhlich, pragmatisch und mit einem Augenzwinkern. In 15 Kapiteln werden Kinder vorgestellt und ihr Leben in der Bildschirmwelt. Das beginnt mit dem zweijährigen Marcello, bei dem "die erfahrene Patentante" sich  nicht scheut, beim Babysitten "Janoschs Traumstunde" per DVD als Einschlafhilfe zu nutzen. Es reicht bis zu Amelie, die nachts whatsappen muss, damit ihre Freundinnen nicht sauer sind, und die dafür tagsüber totel übermüdet in der Schule hockt. Das letzte Kapitel "Impfung gegen Fake News" zeigt auf, wie Kinder selbst denken lernen und warum erfahrungsarmes Scheinwissen schadet. Da gibt es zum Beispiel diesen heftigen Streit zwischen dem 6jährigen Raphael und seiner 16jährigen Schwester Emma, Kinder einer Wissenschaftlerin. Raphael hat nämlich im Internet "selbst gesehen", dass die Erde eine Scheibe ist und wir herunterfallen würden, wenn sie eine Kugel wäre. Und die Sonne kreist um die Erde.

Jedes Kapitel steht für sich. Dem "Einstieg", der eine vertrackte Situation aus dem Familienalltag zeigt, folgt die TINA-Lösung - das steht - nach Margaret Thatcher für "There Is No Alternative". Sie führt aufs Glatteis, denn gegen sie sprechen stets die Fakten. Es folgt die "ideale Lösung", mit der bildschirmfreie Zonen geschaffen werden können. Mit der Präsentation weiterer Ideen endet das Kapitel.

Die Autoren:
  • Prof. Dr. Paula Beckmann ist die derzeit einzige Professorin für Medienpädagogik mit dem Schwerpunkt "Prävention problematischer Bildschirmmediennutzung". Sie ist verheiratet und Mutter von drei Kindern.
  • Ingo Leipner ist Diplom-Volkswirt, Journalist und Bchautor. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit ist das Thema "Digitale Transformation der Gesellschaft".
Paul Bleckmann, Ingo Leipner, Heute mal bildschirmfrei, Knaur-Verlag 2018, Klappenbroschur, 318 Seiten, 12,99 Euro.

Samstag, 8. September 2018

Als Hochbegabter seit 30 Jahren aus blinder Liebe in den USA in Haft: Jens Söring

Fühlen Sie sich frei? Sind Sie frei? Und sich des Glücks dieser Freiheit bewusst? Das sollten Sie, denn Freiheit ist nicht selbstverständlich. Was aber, wenn man sich freiwillig in Unfreiheit begibt, aus blinder Liebe, und dafür seit fast 30 Jahren büßen muss? So ging und geht es Jens Söring. Als 1966 in Bangkok geborener Deutscher wuchs er als Sohn eines Diplomaten in den Vereinigten Staaten auf. Dort sitzt er nun seit rund drei Jahrzehnten im Gefängnis. Der Grund: Um seine damalige Freundin vor der Todesstrafe, vor dem elektrischen Stuhl, zu bewahren, legte er ein falsches Geständnis ab, davon überzeugt, dass er selbst als Sohn eines Diplomaten Immunität genieße.

Die Folge war fatal: eine Verurteilung zu zweimal lebenslänglicher Haftstrafe. Bis heute kämpft er um seine Freiheit. In seinem Buch "Zweimal lebenslänglich" erzählt er von dem Fehler, der ihn die Zukunft kostete, und von der Hoffnungslosikgeit des amerikanischen Haftalltags. Er zählt bis heute die Tage und Stunden seiner Haft. Seine Welt ist klein: eine Tür, ein Fenster, ein Metallschrank, ein Etagenbett, ein Waschbecken, eine Toilette, ein Stuhl, zwei Plastikboxen. Das ist alles. Sein Deutsch ist nicht mehr flüssig. Seit 1996 darf er keine deutschen Zeitungen mehr lesen - "aus Sicherheitsgründen". Es gab Zeiten, da wollte er kein Radio mehr hören, weil er die Geräusche des Lebens nicht ertrug. Es gab Zeiten, da wollte er keine Filme mehr sehen, weil er die Bilder des Lebens nicht ertrug. Da war Steakhouse-Werbung Folter für ihn, weil er seit fast 30 Jahren kein echtes Fleisch mehr gegessen hatte.

An der Universität Virginia, für die er ein Hochbegabtenstipendium bekommen hatte, hatte er die "verführerische, verkorkste Elizabeth Haysom" kennengelernt, die heute wegen Anstiftung zum Mord an ihren Eltern im Gefängnis sitzt. Er soll die Tat begangen haben. Seit 1990 ist er inhaftiert. Auch 2009 aufgetauchte, ihn entlastende DNA-Spuren führten nicht zu seiner Freilassung. Immerhin lebt er, obwohl er eine Weile davon ausgehen musste, selbst hingerichtet zu werden. Aber ist das nach all dieser Zeit wirklich noch ein Trost, wenn einen allein schon die Monotonie des Gefängnisalltags verrückt macht? "Die meisten Häftlinge werden nach etwa zwanzig Jahren verrückt", schreibt Söring. Ihm gehe es besser. Er habe immer noch Hoffnung. Das habe ihn geistig gesund gehalten. Er sitzt im Aufenthaltsraum an seinem "Morgentisch", den alle anderen auf seinem Flur akzeptierten, damit er an seinem nächsten buch schreiben konnte. "Verglichen mit den anderen 2,38 Millionen Häftlingen in den USA, geht es mir wirklich gut. Ich bin ein Gesegneter."

Jens Söring hatte während seiner Haft begonnen, Bücher zu schreiben. 2016 kam der Dokumentarfilm "Das Versprechen - die wahre Geschichte von Jens Söring und Elizabeth Haysom" in die deutschen Kinos.

Jens Söring - Wie ich seit drei Jahrzehnten für meine Freiheit kämpfe, Knaur-Verlag 2012, vollständige Taschenbuchausgabe 2016, 407 Seiten, 10,99 Euro.


Freitag, 7. September 2018

Ganzheitliches Selbsthilfeprogramm von Amy Myers zur Schilddrüsenbehandlung

Meine beste Freundin fing schon als junges Mädchen damit an, ihre Schilddrüsenfunktion mit Tabletten zu unterstützen; bei mir ist das erst seit einigen Jahren der Fall. Irgendwann funktionierte diese so wichtige Drüse einfach nicht mehr, wie sie sollte. Meine Ärztin rät mir dazu, die kleine Pille keineswegs zu vergessen, und sie überprüft regelmäßig meine Werte. Ist das richtig so, reicht das aus oder wird es Zeit für eine Revolution?

"Die Schilddrüsen-Revolution - Das ganzheitliche Selbsthilfeprogramm bei Hashimoto, Über- und Unterfunktion", so  heißt das Buch von Dr. Amy Myers, erhebt für sich den Anspruch, "alles über die Schilddrüse" zu erklären:
  • wie sie arbeitet
  • warum sie eine solch große Auswirkung aufs Wohlbefinden hat
  • wie man Störungen erfolgreich behandeln kann
Die Ärztin entwickelte einen 28-Tage-Plan, den sie bereits seit über zehn Jahren erfolgreich in ihrer eigenen Praxis anwendet - bei Über- und bei Unterfunktion. Dieser Plan enthält zahlreiche Hinweise und Rezepte dazu, wie man
  • den eigenen Darm regenerieren
  • die Schilddrüse mit den nötigen Nährstoffen versorgen
  • entzündungsfördernde Nahrungsmittel vermeiden
  • Stress reduzieren und so
  • für eine rundum gesunde Schilddrüse und ein starkes Immunsystem sorgen 
kann. Da geht es beispielsweise darum, das eigene Trinkwasser zu reinigen und sich nicht damit zufrieden  zu geben, Mineralwasser (in tendenziell toxischen Plastikflaschen) im Naturkostladen zu kaufen. Oder um Phthalate im Essen. Oder um einen Stresspuffer mit Hilfe von Magnesiumprodukten, Vitamin B und Vitamin C. Es gibt Fragebögen und Ernährungspläne und dazu passende Rezepte, Hinweise zur biologischen Zahnmedizin, unbelastete Körperpflegemittel und vieles mehr. Wer das alles umsetzen will, hat erst einmal viel zu lesen und zu bedenken und dann viel zu tun. Ein Einsatz, der sich lohnen könnte.

Tatsächlich gibt es allerdings Stimmen, die bemängeln, das die Autorin vor allem ihre eigenen Gesundheitsprodukte und Nahrungsergänzungsmittel vermarkten möchte. Dieser Verdacht ist nicht völlig von der Hand zu weisen und sollte von jedem Leser, jeder Leserin bedacht werden. Andererseits ist da ein großes Engagement  zu spüren. Die Autorin lebt, so schreibt sie, selbst so, wie sie es ihren Patienten und Patientinnen, ihren Lesern und Leserinnen in E-Books, Podcasts, Onlinekursen, auf ihrer Website und ihrem Blog empfiehlt. Sie trinkt nicht Wein und predigt Wasser.

Im Anhang des Buches erzählt die New-York-Times-Bestsellerautorin ihre Geschichte unter dem Tenor "Menschen zu helfen, ist meine Leidenschaft". Sie sucht die jeweils beste Heilmethode, um "so viele Menschen an so vielen Orten auf so viele Arten wir nur irgend möglich zu erreichen", und zwar bevor sie komplett am Ende ihrer Kräfte sind. Sie glaubt nicht an das Schema F, das oft als reine Standardbehandlung der Schulmedizin daherkommt. Die von ihr propagierte funktionelle Medizin will maßgeschneiderte, individuelle Behandlungen bieten. Dabei soll es schon ganz erstaunliche gesundheitliche Veränderungen gegeben haben.

Der letzte Satz im Buch klingt ausgesprochen nett: "Und nun wollen wir sehen, wie ich auch Ihnen helfen kann." Tatsächlich, das würde auch ich gern wissen ...!

Dr. Amy Myers, Die Schilddrüsen-Revolution, Irisiana-Verlag, 2. Auflage 2017, gebunden, 509 Seiten, 22,99 Euro.

Mittwoch, 5. September 2018

Anna Zimt: Sinnliches Leben in einer offenen Beziehung

Bekanntlich gibt es ja viele Möglichkeiten, in einer Beziehung glücklich oder unglücklich zu sein. Für sehr viele Paare ist Treue unabdingbar. Für Anna Zimt, Jahrgang 1985, die im wahren Leben anders heißt, und ihren Mann gilt das nicht. Beide lieben einander sehr. Seit über zehn Jahren sind sie ein Paar. Beide gehen fremd, und zwar regelmäßig. Sie haben immer wieder zu anderen Partnern erotische Beziehungen. Das kann ein One-Night-Stand sein, muss aber nicht. Mehrere Treffen sind durchaus möglich. Verknallt zu sein, gehört laut Anna Zimt dazu. Sie genießt es, auch von anderen Männern begehrt zu werden, im Mittelpunkt zu stehen. Die tiefe Liebe zu ihrem Mann beeinflusst das nicht, schreibt sie. Die sei unantastbar. Sollte ein Übergangspartner zu ihr eine feste Beziehung haben wollen, hat er leider Pech gehabt. Mit ihre Mann plant sie Kinder. Die beiden schlafen mit anderen Partnern, aber natürlich auch immer noch miteinander. Da das Prickeln, das einer neuen Beziehung innewohnt, aber naturgemäß in längeren Beziehungen verloren geht, wollten sie die Spannung in ihrem Leben möglichst lange behalten. Nur Freunde und Kollegen sind tabu - sonst ist alles möglich. Und ganz wichtig: Beide Partner haben ein Veto-Recht. Wenn sie ein ungutes Gefühl haben, findet die geplante Außenbeziehung nicht statt oder sie wird sofort beendet.

Man nimmt der Autorin ab, dass das Modell der offenen Ehe für die beiden funktioniert. Was für manch anderes Paar unvorstellbar ist, weil Eifersucht und Angst vor dem Verlust des Partners überhand nehmen würden, weil man dem Partner einfach genügen und "alles" für ihn sein möchte, ist für Anna und ihren Mann offenbar gerade richtig. Die Autorin spart nicht an deutlichen Beschreibungen dessen, was sie mit den anderen Männern treibt. In anderen Kapiteln zeigt sie sich sehr von ihrer gefühlvollen Seite. Ein wenig hölzern wirken die Gespräche mit ihren beiden alten Schulfreundinnen. Da werden Fakten offenbar gewollt in einen Dialog gepackt. Aber sonst - eine interessante Lektüre über ein offenes Leben, die wenig offen lässt.

Anna Zimt, In manchen Nächten hab ich einen anderen - Mein sinnliches Leben in einer offenen Beziehung, Knaur-Verlag 2018, Paperback, 204 Seiten.

Burnout und Depressionen als Psychotherapeutin erleben und durchstehen

Was kommt heraus, wenn man das Wort Leben rückswärts liest? Genau: Nebel. Irgendwie folgerichtig heißt das Buch, das Nora-Marie Ellermeyer als von Depressionen selbst betroffene Psychotherapeutin geschrieben hat: Lebensnebel.

Die erste Depression ihres Lebens, der weitere folgen sollten, erlebte die vierfache Mutter im Alter von 36 Jahren offensichtlich völlig ausgebrannt und doch überraschend. So kannte die Powerfrau sich nicht, so wollte sie nicht sein. Noch dazu schämte sie sich, sich als Fachfrau nicht schützen zu können.Was sie erlebte, zwang sie dazu, ihr Leben in Frage zu stellen. Herzrasen, so gut wie schlaflose Nächte, absolute Kraftlosigkeit. Sie konnte ihre Familie nicht mehr versorgen, ihren Beruf nicht mehr ausüben - von heute auf morgen. Sie hätte keine Zugfahrt überstanden und keine Geburtstagsfeier. Es gab Tage, an denen sie über Suizid nachdachte - obwohl dieser "Ausweg" der tragischste ist, den sie sich für einen depressiven Menschen denken kann. Sie hatte Glück im Unglück: Da gab es ihre Familie, die unverbrüchlich zu ihr hielt, über viele Monate - das jüngste Kind war zu dieser Zeit drei, das älteste dreizehn Jahre alt. Ihr Mann kümmerte sich um alles, auch als sie in die Klinik ging. Dass auch Sexualität für die Autorin über viele Monate hinweg überhaupt kein Thema war, war da sicher nur ein Kummer unter vielen. Sie bekam Medikamente, die ihr halfen. Sie hatte verantwortungsvollen, hilfreichen, ärztlichen Beistand durch Hausarzt, Psychotherapeuten und Psychiater.

In ihrem Buch berichtet sie aus zwei Perspektiven. Als Psychotherapeutin klärt sie verständlich und umfassend über Burnout und Depression auf; als Betroffene lässt sie hautnah miterleben, was es bedeutet, eine Depression durchzustehen.

Nebel im Kopf und in der Seele. Ellermeyer waren die Flügel gestutzt worden, was sie zwang, auf dem Boden bleiben. Das erforderte neue Perspektiven, die sie mühsam erlernte. Zurück blieb eine große Dankbarkeit allen gegenüber, die ihr beistanden. Und die Erkenntnis, dass "wenn wir verstehen, auf was die Depression uns hinweisen möchte, und diese Botschaft ernst nehmen" gute Chancen bestehen, sie zu überwinden - oder mit ihr zu leben.

Nora-Marie Ellermeyer, Lebensnebel - Wie ich als Psychotherapeutin Burnout und Depression durchstand, Patmos-Verlag, gebunden mit Schutzumschlag 2018, 176 Seiten, 20 Euro.

Sonntag, 2. September 2018

Marrakesch - Themenkochbuch zur marokkanischen Küche von Patrick Rosenthal

Patrick Rosenthal hat eine Hommage an seine Lieblingsstadt Marrakesch verfasst - in Form eines opulent wirkenden, großformatigen Kochbuchs. Neben Rezepten bietet er eine Handvoll Geheimtipps für eine Reise in die schöne marokkanische Stadt und ins Umland, eine Stadt, die für ihn die spannendste der Welt ist - traditionell, aber auch sehr modern, einfach, aber auch luxuriös. Kleine Geschichten bieten Einblick.

Die meisten Rezepte sind einfach nachzuarbeiten, die Zahl der Zutaten ist überschaubar. Da gibt es als Vorspeisen beispielsweise Möhrensalat aus gegarten Möhrenstücken, schnell gemacht "und so unglaublich lecker", oder Taktouka mit schwarzen Oliven, das mit Reis oder Kartoffeln auch als Hauptgang geeignet ist. Oder wie wäre es mit Linsensalat, ohne den in Marrakesch kein Restaurant auskommt?

Gewürze sind wichtig in der marokkanischen Küche: Als Hauptgerichte locken spicy frittierte Kartoffeln. Kreuzkümmel und Harissa-Paste würzen neben Chili, Koriander und anderen Gewürzen den Tomatensalat mit gerösteten Kichererbsen. Dieses Gericht lernte Rosenthal in einem kleinen Straßencafé kennen, als er, mit dem Auto liegen geblieben, stundenlang auf Hilfe warten musste und sehr, sehr hungrig war. Für Vegetarier können die Briouats etwas sein, Teigtaschen voller vegetarischer Zutaten, die unter anderem mit der Nomad-Gewürzmischung abgerundet werden, für die es ein paar Seiten weiter ein "Geheimrezept" gibt. Natürlich gibt es auch Desserts und Delights, wie die Safran-Panna-Gotta mit Honig-Feigen - ein ursprünglich italienisches Rezept, zubereitet mit orientalischen Gewürzen. Oder das Granatapfel-Gelee. Oder Minze-Joghurt-Parfaits mit Gurken, Minze, vorgegarten Kichererbsen, Rosinen und Vollfett-Quark aus Schafsmilch - das eisgekühlt eine besondere Erfrischung darstellt. Besonders verlockend erscheinen mir die Aprikosen-Dattel-Filo-Zigarren - schnell gemacht für den Nachmittagstee.

Ein zehnseitiger Kurz-Reiseführer - Marrakesch von A- Z - von der wohltätigen Abury Foundation bis zu den Zugverbindungen am Gare de Marrakech gibt Hinweise und Tipps. Unter X finden Sie Xenophobie (Fremdenfeindlichkeit) als Stichwort und gleich darunter die Erklärung, dass Sie diese in Marrakesch nicht vorfinden werden. Dort freut man sich  nämlich über Besuch, egal woher.

Der Autor: Patrick Rosenthal arbeitet als Food-Fotograf und Rezeptentwickler. Er gibt Workshops in Fotografie und Influencer-Relations. Im Laufe der Zeit hat er die ganze Welt bereist. Der Ort, an den er am liebsten zurückkehrt, ist Marrakesch.

Patrick Rosenthal, Marrakesch - Das Marokko-Kochbuch, Edition Michael Fischer, Hardcover, 224 Seiten, 30 Euro.