Jedes Theaterstück, jeder Film, jeder Roman lebt von seinen Figuren und der Autor muss sie ganz genau kennen, um sie so zum Leben bringen zu können, dass Zuschauer und Leser nur allzu gern und fasziniert mitgehen. Lajos Egri (1888 - 1967) hatte es drauf. In seinem Standardwerk "Literarisches Schreiben" zeigt er ausführlich und anschaulich, wie es geht
- starke Figuren zu entwickeln
- originelle Ideen zu finden
- die Handlung voranzutreiben.
Egri war daran gelegen, seine Studentinnen und Studenten ebenso wie seine Leserinnen und Leser dazu zu motivieren, Literatur "für die Ewigkeit" zu schaffen, also keine klischeebehafteten Abziehbilder als Figuren, sondern Menschen und deren Handlungen, die in sich schlüssig und einzigartig sind, die die Gefühle anspechen und die man so schnell nicht vergisst. Wer könnte zum Beispiel "Vom Winde verweht" oder "Die Dornenvögel" jemals vergessen. Voraussetzung für solch einen Erfolg sind Wissen und harte Arbeit. Es geht darum, die Entwicklung einer Figur glaubwürdig nachzuzeichnen und widersprüchliche Figuren mit unterschiedlichen Zielen in Abhängigkeit zueinander zu bringen. Wie das gelingen kann, zeigt Egri unter anderem, indem er Skizzen ganz unterschiedlicher Charaktere zeigt, die allesamt das Zeug haben, uns zu Geschichten zu inspirieren. Da wären zum Beispiel
- der Geizhals
- die Exhibitionistin
- der Schnäppchenjäger
- der Egozentriker
- der Unterlegene
Jedes Mal wird spürbar, warum die Figur so werden musste, wie sie ist. Wenn man alles richtig macht, ergibt sich Dramatik fast von allein. Im Kapitel "Die Motivation" wird beispielsweise nachvollziehbar dargestellt, warum es möglich sein kann, dass ein eigentlich liebenswerter Mann, der sich selbst für hässlich hält, seine schöne Frau eines Tages brutal ermordet. Im Kapitel "Prinzipien des Schreibens" schließlich wird zusammenfassend noch einmal alles erklärt, was fürs literarische Schreiben unabdingbar ist, von der überzeugenden, möglichst zu Beginn zu entwickelnden These bis hin zu Höhepunkt und Auflösung. Neun einfache Gebote zur Dramaturgie schließen das Buch ab, das zum Selbststudium ebenso geeignet ist wie zur Anwendung in Schreibwerkstätten.
Ebenfalls im Autorenhaus Verlag erschienen ist Egris Lehrbuch "Dramatisches Schreiben".
Der Autor: Der Ungar Lajos Egrie schrieb seinen ersten Dreiakter im Alter von zehn Jahren. Über fünfunddreißig Jahre lang war er als Theaterautor und Regisseur in Europa und den USA tätig. Er war Direktor der Egri School of Writing in New York, bevor er nach Los Angeles übersiedelte, um als Lehrer und Berater in der Filmindustrie zu arbeiten.
Lajos Egri, Literarisches Schreiben, Autorenhaus Verlag 2002/2018, 205 Seiten.
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