Freitag, 24. August 2018

Tiny House auf dem Wasser: ein selbst gebautes Hausboot mitten in Berlin

Also, ich denke ja schon eine ganze Weile über den Themenbereich Minimalismus und Downsizing nach. Von der noch unkonkreten Theorie bis zum Traum vom Tiny House ist es nicht weit - auch wenn ich sehr bezweifle, ob ich jemals soviel Besitz würde loslassen können, dass das wirklich für mich passen würde. Aber so ein Hausboot, das könnte ja vielleicht ein bisschen größer sein. Und dann auch noch direkt am, ich meine, im Wasser. Oh Mann! Das wäre schon toll!

Kerstin Hack hat diesen Traum wahrgemacht. Die gläubige Christin vertraute dabei auf Gott, auf viele Freunde, aber auch auf Menschen, die sie zuvor gar nicht kannte und die einfach  kamen, um eine Weile mitzuhelfen. Gemeinsam machten sie aus einem fast schrottreifen Kahn ein Zuhause.

Der Anfang war noch relativ leicht. Das alte Stahlschiff war schnell gefunden, die Bauarbeiten, die folgten, waren allerdings eine riesige Herausforderung. In ihrem Buch "Leinen los"schreibt Hack, die auf dem fertigen Boot heute nicht nur lebt, sondern auch als Coach arbeitet und regelmäßig Gäste auf Zeit aufnimmt, von spannenden zwischenmenschlichen Begegnungen ebenso wie von der Megakrise, die sich ergab, als plötzlich an mehreren Stellen des Schiffes Lecks auftraten. Sie schreibt von Phasen der Mutlosigkeit und Überforderung, die sich mit Phasen von Hoffnung und neuem Mut abwechselten. Sie berichtet von den Sinnsprüchen, die Wegbegleiter mit bunter Kreide auf die so trostlos schwarze Isolierfolie schrieben, die für eine Weile die Wände bedeckte. Sie spricht von dem rund 1.000 Euro teuren Kompostklo, das für sie seinen Preis wert ist, weil es nur sehr selten geleert werden muss, und von dem Pelletofen, der das ganze Schiff heizen soll. Sie verschweigt auch nicht die neue Liebe, die sich mitten in den Bauarbeiten auftat, nur um doch wieder zu verpuffen.

Wer die Bilder in der Mitte des Buches  betrachtet, bekommt schnell eine Vorstellung, wie wahnsinnig viel Arbeit dahinter steckte, diesen Traum zu realisieren. Der Kontrast zwischen dem Bild "Das Wohnzimmer in der Bauphase" und "Das Wohnzimmer heute" könnte kaum größer sein. In letzteres würde ich sofort einziehen wollen. Ob ich aber den  Mut hätte, all die Mühen auf mich zu nehmen, die die Autorin beschreibt, wage ich zu bezweifeln. Aber für Träume muss man nun mal kämpfen. Sie fallen nur selten reif und erfüllt einfach so vom Baum.

Deshalb, um mit Kerstin Hack zu sprechen: "Lebe dein Leben. Gestalte deinen Traum. Mach die Leinen los!"

Kerstin Hack, Leinen los, Bene-Verlag, Klappenbroschur, 207 Seiten, 16,99 Euro.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen