Als Appetizer ein Textauszug aus meinem neuen, an Geschichten reichen Schreibratgeber. Es ist ein großer Motivationsratgeber für alle geworden, die endlich ihr eigenes Leben wertschätzen wollen, indem sie all die ganz besonderen Geschichten aufschreiben, die sie erlebt haben: die glücklichen und die traurigen, die geraden und die schrägen, die unglaublichen und die ein kleines bisschen übertriebenen oder gar erfundenen.
Hier der Textauszug:
Mutti und die Kräuselkantenfotos
Meine Mutter (ihr seht sie übrigens mit Anfang 30 auf dem Buchcover), von der ich meine Begabung fürs Schreiben geerbt habe, schrieb Kolumnen für die Westdeutsche Allgemeine Zeitung, die ihren Sitz in Essen hatte. Sie bekam ein paar Mark Tantiemen dafür, und sich gedruckt zu sehen, machte sie stolz. Sie war bekannt für ihren Humor und ihre Schlagfertigkeit, stark übergewichtig, hatte hohen Blutdruck und starb jung.
Fünfundvierzig Jahre ist das nun her. Zu den Erinnerungen an sie gehören einige Fotoalben aus ihrer Jugendzeit. Die Schwarz-Weiß-Aufnahmen mit den hübschen weißen Kräuselkäntchen zeigen Verwandte, Freundinnen und Kolleginnen meiner Mutter, die Damen jeweils mit schwungvoller Wasserwelle. Damals hat sie hin und wieder von diesen Menschen erzählt, aber als Kind hörte ich nur mit halbem Ohr zu. Deshalb fehlen mir die Geschichten zu den Gesichtern und heute würde ich garantiert mit Riesenohren zuhören, wenn Mutti mir ihre Erlebnisse erzählen würde. Inzwischen trägt sie vermutlich Petrus und seinen Engeln ihre launigen Anekdoten vor. Ob die Humor haben? Man hört sie so selten lachen bis hier unten.
Das einzige, was ich aus Muttis Feder neben einigen vergilbten Zeitungsausschnitten und wenigen Postkarten und Briefen besitze, ist ein weinrotes Kochbuch, dazu gedacht, eigene Rezepte hineinzuschreiben. Sie aber nutzte den schmalen Band als Tagebuch – in einer für sie schrecklichen Zeit. Ihre Mutter, meine schöne Oma Paula, war kurz vor Kriegsende vor ihren Augen von einer Granate tödlich getroffen worden. Da Muttis Vater und ihr Bruder bereits einige Jahre zuvor der Tuberkulose erlegen waren, war sie nun der gefühlt einsamste Mensch der Welt.
Ich war schon erwachsen, als ich mich daran gab, ihre stenografischen Notizen in Maschinenschrift zu übertragen, und war tief berührt. Ich hatte das Gefühl, meiner Mutter nie näher gewesen zu sein als während dieser Zeit und wünsche mir so sehr, sie hätte mehr aufgeschrieben. Leider tat sie es nicht.
Meine Söhne, darüber bin ich mir im klaren, werden meine Lebenserinnerungen kaum lesen. Der ältere hat viel zu schlechte Augen dazu und der jüngere wenig Interesse und genug anderes zu tun. Der Wunsch aber, meinen vier Enkelkindern, die weit weg wohnen und mich leider so gut wie nicht kennen, oder zumindest meiner einzigen Enkeltochter etwas zu hinterlassen, das mich so zeigt, wie ich war oder glaube, gewesen zu sein, ist für mich ein wichtiger Grund gewesen, Hannah zu schreiben.
Mein Impuls für dich: Für wen möchtest du deine Erinnerungen aufschreiben? Wenn du einfach nicht weißt, wo du anfangen sollst, und dich noch vor der großen Aufgabe des Bücherschreibens scheust, dann fang klein an. Im Wissen darum, dass man eine niedrige Hemmschwelle vollkommen locker überspringen kann. Stell dir einmal
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen