Wer das Cover von "In der Wildnis bin ich frei" und darauf das Portrait von Verfasserin Miriam Lancewood in ihrer selbstgenähten Weste aus Possumfellen betrachtet, wird sich einer gewissen Faszination kaum entziehen können. Wild, asketisch und begeistert wirkt die junge Frau, die sich gemeinsam mit ihrem 30 Jahre älteren, neuseeländischen Ehemann Peter aufgemacht hatte, ein ganzes Jahr lang in den Wäldern Neuseelands mitten in der Wildnis zu leben. Peter hatte die gebürtige Holländerin, die zuvor als Sportlehrerin ein Praxisjahr in Afrika verbracht hatte, in Indien kennengelernt. Ein Bild von einem Mann, ein Bild von einer Frau - beide mit überschulterlangen Haaren. Wild wirkende, drahtige Menschen, wie gemacht für die Wildnis.
Von einem befreundeten Paar lassen die beiden sich - nach akribischer Vorbereitung ihres Aufenthalts - zur vor Schmutz starrenden Base Hut bringen, in der Mäuse und Ratten sich wohlfühlen. Zum Glück haben Miriam und Peter ihr Zelt dabei und können damit den Luxus eines geschlossenen Raumes genießen. Das Zelt ist das Schlafzimmer. Die Hütte ist das Wohnzimmer, in dem bei schlechtem Wetter gekocht und gegessen werden kann. Miriam holt Wasser aus dem Badezimmer, das zugleich Kühlschrank ist, dem Fluss nämlich, und beginnt zu putzen. Sie hat zu tun, läuft hin und her, wie gewohnt. Aber dann kommt auch schon die eigentliche Herausforderung: Langeweile. Das einzige, auf das sie sich nicht vorbereitet hat. Peter liest erst einmal alle alten Zeitungen und Zeitschriften, die in der Hütte zu finden gewesen sind, bis auf den letzten Buchstaben. Und dann heißt es: Einfach mal nichts tun. Gar nichts. Entschleunigung pur und Begegnung mit der Natur mit jeder Faser von Körper, Geist und Seele.
Menschen zu treffen in der Einöde, das wird dann zur ganz besonderen Freude. Jägern einen seitenlangen Brief an die holländischen Eltern mitgeben zu können, die natürlich nicht ohne Sorgen waren, eine Erleichterung. Wildtiere zu jagen und zu essen - auch nicht so einfach für eine Frau, die quasi von Geburt an Vegetarierin gewesen ist.
Ein unterhaltsames, spannendes Buch, aus der in jeder Zeile die Liebe der Natur spricht und die Liebe von Miriam und Peter zueinander, die bis auf eine Kiste mit Büchern alles verkauft hatten, was sie besaßen - um miteinander frei zu sein.
Miriam Lancewood, In der Wildnis bin ich frei - Mein Leben in den Wäldern Neuseelands, Knaur-Verlag 2018, Broschur, 395 Seiten, 16,99 Euro.
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