Die Deutschen sind berühmt für ihr Brot - zu Recht, wie ich finde. Aber wie backt man gutes Brot oder gar ein perfektes Brot? Ken Forkish hat ein dickes Buch darüber geschrieben und um es gleich vorwegzunehmen: Die Vielfalt, die ich mir vorstellte, war nicht in dem Sinne gegeben, den ich mir vorstellte, als ich das Buch bestellte. Es ging nicht um Vollwert im Brukerschen Sinne, also darum, in jedem Fall möglichst frisch gemahlenes oder geschrotetes Vollkornmehl zu verwenden oder die Frage, mit welchen Körnern man so ein Brot dekorativ bestreuen könnte und welche ganzen Körner im Innern zu sehen und zu schmecken sein sollten. Es ging auch nicht um Rezept-Vielfalt mit vielen verschiedenen Getreidesorten und Zusätzen wie Nüssen oder Trockenfrüchten. Denn Forkish geht es, ganz wie der Titel seines Buches "Mehl, Wasser, Salz, Hefe" sagt, darum, aus eben diesen Zutaten ein gutes Brot zu backen. Um Vielfalt geht es dennoch, denn Sie finden beispielsweise Rezepte für
- Pain de Campagne, ein rustikales Landbrot mit blonder Krume, das ein paar Tage nach dem Backen am besten schmecken soll
- Country Brown mit langer Teigführung
- Pain au Bacon, das immerhin ein wenig gebratenen Speck enthält
- süßes Sauerteigbrot, für das der Sauerteig innerhalb von zwei Stunden zweimal mit sehr warmem Wasser gefüttert wird, bevor der Hauptteig zubereitet wird, wodurch die Entwicklung saurer Aromen eingedämmt wird
Wer sich durchs Buch blättert und sich die Fotos von Alan Weiner ansieht, bekommt schon mal Appetit. Hm ...! Wie locker diese Brote im Innern aussehen und wie kross und knackig die Krusten wirken ...! Wer zu lesen beginnt, taucht ein in die Welt professioneller Bäcker und in die Begeisterung, die der Autor für diesen Berufsstand empfand, so tief, dass er selbst eine Ausbildung zum Bäcker machte und in Portland, Oregon, seine eigene Bäckerei eröffnete.
Das vorliegende Brotbackbuch richtet sich an Laien, hat aber auch Profis womöglich noch etwas zu sagen. Es ist ein Grundlagenbuch für alle Hobbybäcker, die das nächste Level anstreben. Grundlegende Methoden werden detailliert beschrieben. Es wird ausführlich erklärt, was wie und warum gemacht wird, um ein optimales Ergebnis zu erzielen. Sie erfahren ganz viel, was Ihnen womöglich neu ist oder was Sie so genau bisher eben nicht wussten, zu Beispiel
- wie genau man Sauerteig füttert
- wozu eine 6-Liter-Teigwanne gut ist
- dass Sie für ein Walnuss-Sauerteigbrot genau 22 g Salz und 2 g Trockenhefe für den Hauptteig und nicht etwa eine Prise oder einen Teelöffel Salz brauchen - denn bei Forkish geht es genau zu
- was Autolyse, Stückgare oder Absorptionsvermögen von Mehl bedeuten
- wieviel Prozent die Teighydration idealerweise haben sollte
- wie Sie Pizza backen mit dem Pizzastein
- wie man den Sauerteiggeschmack beeinflusst
- wie Sie den Zeitplan für ein Rezept so anpassen können, dass er für Sie passt, und wie Sie die morgendliche Brotback-Routine gestalten können
Überhaupt ermuntert der Autor seine Leser und Leserinnen dazu, die Rezepte im Buch lediglich als Vorlagen zu betrachten und ansonsten zu experimentieren, um zu sehen, was passiert - denn genau das tut er selbst gern.
Einige wenige Rezepte, die nicht ganz so frugal wirken und eben einige weitere Zutaten außer Mehl, Wasser, Salz und Hefe benötigen, gibt es auch, für Pizza mit Süßkartoffeln und Birnen zum Beispiel, Wurstpizza in der Gusseisenpfanne, Pizza mit Gelber Bete und Enten-Prosciutto oder Zucchini-Focaccia.
Neben viel Sachlichem gibt es auch Unterhaltsames, etwa die Geschichte von Forkish's erstem Versuch, eine Bäckerei zu eröffnen.
Ken Forkish, Mehl, Wasser, Salz, Hefe Alles über gutes Brot, Edition Michael Fischer 2020, 265 Seiten, 30 Euro.
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