Donnerstag, 19. Juli 2018

Klimaneutrales Leben für ein Jahr - eine vierköpfige Familie im Selbstversuch

Denken Sie auch, dass Sie, ökologisch betrachtet, zu den Guten zählen? Wissen Sie, ob die Bioäpfel, die Sie eingelagert, klimafreundlicher sind als die aus Chile? Ehrlich gesagt, habe ich das bisher nie in Frage gestellt. Ich heize sparsam, fahre nicht allzu oft mit dem Auto, fahre längere Strecken mit dem Zug, esse vor allem Bio, kaufe gern Second-Hand-Kleidung - und fand mich damit schon ganz gut. "Wir sind die Guten!", das dachten ziemlich lange auch Petra Pinzler und Günther Wessel. Bis sie alles in Frage stellten und als vierköpfige Familie versuchten, ein Jahr lang klimaneutral zu leben, ihren ökologischen Fußabdruck zu verkleinern. Wohl wissend, dass wir den Temperaturanstieg auf zwei Grad beschränken sollten und dazu unseren CO2-Verbrauch reduzieren müssten. Aber wie macht man das. In ihrem unterhaltsam geschilderten Selbstversuch wurden sie um so manche Erfahrung reicher und Spaß gemacht hat es auch noch.

Keine Angst also: Das Buch "Vier fürs Klima" verlangt keine Selbstkasteiung von seinen Lesern und Leserinnen. Das Versprechen heißt stattdessen: Mehr Spaß als Verzicht. Und eine Einsicht unter manchen: Ohne entsprechende politische Weichenstellungen wird es nicht gehen.

Alles fing damit an, dass Franziska, die damals 12-jährige Tochter der Familie aus der Schule kam und den WWF-Klimabilanzrechner im Internet öffnete, statt ein You-Tube-Pferde-Video zu gucken. Mit niederschmetterndem Ergebnis: Die vierköpfige Familie war im Jahr für 42 Tonnen CO2 verantwortlich. Franziskas gut drei älterer Bruder Jakob, für den Äpfel ein Grundnahrungsmittel ist, lebt seit vier Jahren als strenger Vegetarier, aber ist das wirklich gut für die Öko-Bilanz? Kann man mit gutem Gewissen eine fair gehandelte Bio-Mango essen, die eingeflogen wurde? Was haben rülpsende Kühe mit dem Klima zu tun? Was bringt es, in Berlin in einem Unverpackt-Laden einzukaufen - zu dem man selbstverständlich mit dem Rad fährt? Sollte man lieber weiter auf Papier lesen oder ist ein E-Book-Reader besser? - Fragen über Fragen. Und Antworten, die auch Sie veranlassen könnten, beherzt das eine oder andere zu ändern. Und Hinweise, wie es auch gehen kann. In Kopenhagen beispielsweise werden die Fuß- und Radwege im Winter vor den Straßen freigeräumt. Guter Plan, denn dort fahren 40 Prozent der Leute mit dem Rad.

Das Buch wurde übrigens nicht in Ich- oder Wir-Form geschrieben - da ist von Petra und von Günther die Rede. Nun ja, stimmt nicht ganz. Irgendwann geht Petra doch in die Ich-Form. Da erzählt sie davon, wie schwierig es für sie war und ist, mit wenigen Klamotten auszukommen. Franziska und Jakob haben nicht mitgeschrieben, aber ohne sie gäbe es dieses Buch nicht.

Die Autoren: Petra Pinzler, Jahrgang 1965,  studierte Wirtschafts- und Politikwissenschaft.  1994 begann sie - nach dem Besuch der Kölner Journalistenschule - in der Wirtschaftsredaktion der ZEIT. Günther Wessel, Jahrgang 1959, studierte Germanistik, Philosophie und Kunstgeschichte. Er arbeitet seit mehr als 20 Jahren als freier Journalist und schrieb etliche Sachbücher und Hörfunk-Features.

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