Montag, 26. März 2018

Svend Brinkmanns Anti-Lebenshilfe: Romane statt Ratgeber und Biografien lesen

Ich muss es nun mal zugeben: Ich mag Ratgeber-Literatur. Seit etlichen Jahren verschlinge ich derlei, wenn ich auch viele Bücher nur quer lese und nicht Seite für Seite. Zu meiner Entschuldigung sei gesagt, dass ich einfach nicht widerstehen kann. Wundert Sie das? Was auf den Klappentexten zu lesen ist, klingt einfach zu verlockend, zu interessant. Vielleicht ist das nun endlich der Ansatz, der meinem Leben die entscheidende Wende geben, es einfacher machen könnte. - Meistens klappt das aber nicht, weil die Konsequenz fehlt. Oder etwa deshalb, weil die Methode, es mit Ratgeber-Literatur zu versuchen, einfach generell falsch ist? Das wäre ja ...!

In seinem Buch "Pfeid drauf! - Schluss mit dem Selbstoptimierungswahn" nimmt Svend Brinkmann sich die Ratgeberliteratur und zugleich die so beliebten Biografien zur Brust. Beides werde grundsätzlich gern gelesen, um daraus zu lernen und sich ein Beispiel zu nehmen. Beides sei aber eher nicht geeignet, das eigene Leben angenehmer zu gestalten. Stattdessen möge man lieber Romane lesen. Romane seien eine Art Selbsttechnik, eng verknüpft mit einem Verständnis von Ethik. Verschiedene Weltanschauungen träfen aufeinander, woraus man eher etwas lernen könne. Wer dagegen die äußeren Umstände leugne und die "Schuld" für ein möglicherweise nicht so prickelnd ablaufendes Leben bei sich suche, der sei auf dem Holzweg, liefe Gefahr, zu versäumen, "das Wesentliche im Leben und die Bedeutung unserer Pflichten zu verstehen".

Die nächsten beiden Sätze bringen es auf den Punkt: "So gesehen, ist Selbsthilfeliteratur ein Teil des Problems und nicht dessen Lösung und sollte darum ignoriert werden. Da Lesen aber grundsätzlich eine gute Sache ist, rate ich Ihnen, sich auf eine andere Art von Literatur zu konzentrieren - nämlich auf Romane." Schon etwas strange allerdings, so etwas in einem Buch zu lesen, das ja nun auch wiederum ein Ratgeber ist, der in sieben Schritten den rechten Weg weisen will. Mit einem Plädoyer gegen ein Leben auf der Überholspur.

Wer das Inhaltsverzeichnis liest, wird immerhin aufhorchen. Kapitelüberschriften (zugleich jeweils einer von sieben Ratschlägen), wie
  • Hören Sie auf, in sich selbst hineinzublicken
  • Fokussieren Sie sich auf das Negative in Ihrem Leben
  • Setzen Sie den  Nein-Hut auf
  • Unterdrücken Sie Ihre Gefühle
  • Feuern Sie Ihren Coach
machen neugierig. Und da bin ich also wieder im altbekannten Dilemma, habe ein Buch in der Hand, stöbere ein wenig und bin auch schon an der Angel. Vielleicht findet sich ja hier der Ansatz, meinem Leben die entscheidende Wende zu geben - wer weiß das schon ...!

Der Autor: Prof. Dr. Svend Brinkmann, Jahrgang 1975, lehrt Psychologie an der Aalborg University, Dänemark. Er forscht  zu philosophischen und moralischen Fragestellungen in der Psychologie. Mit "Pfeif drauf!" stürmte er die Bestsellerliste in Dänemark.

Svend Brinkmann, Pfeif drauf! Schluss mit dem Selbstoptimierungswahn, Knaur-Verlag 2018, gebunden mit Schutzumschlag, 175 Seiten,14,99 Euro.

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