Dienstag, 7. Januar 2020

Paulo Coelho: Der Weg des Bogens

Ich liebe Paulo Coelho. Schon etliche seiner zumeist erfreulich dünnlaibigen Bücher habe ich bereits gelesen, was sage ich, verschlungen. Es gibt einfach so viele interessante Bücher, dass ich mich freue, einzelne auch mal ein wenig schneller zu Ende lesen zu können. Coelhos Fast-Neuling (2017/2019), "Der Weg des Bogens", ist solch ein Buch. Mit gut 150 Seiten sind Sie durch. Und das sind beileibe nicht alles Textseiten. Nehmen wir mal die Seite 25. Hier endet der Prolog "Tetsuyas Geschichte oder der Besuch des Fremden". Ein Prolog, der in den schönen Satz mündet: "Und während sie weiter vom Berg herabstiegen, erklärte Tetsuya den Weg des Bogens." Die Seiten 26 und 27 werden von einer zweiseitigen Illustration eingenommen. Da steht ein Mensch, ob Frau oder Mann kann man nicht recht erkennen, zwischen zwei Felstürmen, mit gespanntem, riesigem Bogen, auf einer Art Hängebrücke. Wo das Wesen wohl hinzielt? Seite 28 ist frei. Seite 29 trägt eine Kapitelüberschrift: "Der Weg des Bogens". Seit 30? Frei. Seite 31: Noch eine Überschrift: "Die Verbündeten". Seite 32: eine ganzseitige Illustration, Seite 33 schließlich geht es mit Text weiter, auch wenn es nur zwölf Zeilen sind. Viele Seiten sind nur halb bedruckt oder nicht einmal das. Nun, so kann man 150 Seiten auch füllen. - Will ich Ihnen hier etwa abraten vom Kauf des Buches? Aber nein ...!

Ich schreibe das alles nur, damit Sie am Ende nicht denken, eine Mogelpackung eingekauft zu haben. Ich finde nämlich, der Kauf des Buches lohnt sich. Zu wissen, dass es Coelho ist. Runterzukommen, sich auf spirituelle Gedankengänge einzulassen, Weisheiten aufzunehmen, Lebenshilfe zuzulassen,
in aller Ruhe innerlich den Bogen zuspannen und wieder zu lösen, all das hat doch was. Sicher ließe sich die eigentliche Geschichte auch mit wenigen Sätzen erzählen, nur nicht so schön, mit solcher Poesie, wie Coelho das tut. Es macht Spaß, die Bilder zu betrachten, und die Texte bieten eine entspannende Seelenmassage, bieten Inseln im Alltag, auf denen man verschnaufen kann. Ziemlich schnell werden Sie, siehe oben, das Buch durchhaben. Danach können Sie es hin und wieder irgendwo aufschlagen und einzelne Kostbarkeiten genießen. Worte, wie diese:

"Die Eleganz ist erreicht, wenn alles Überflüssige abgelegt wird und der Bogenschütze die Einfachheit und die Konzentration entdeckt: Je einfacher und sparsamer die Haltung, desto schöner ist sie. Der Schnee ist schön, weil er nur weiß ist, das Meer ist schön, weil es wie eine glatte Oberfläche wirkt - aber das Meer wie auch der Schnee sind tief und wissen um ihre Eigenschaften."

Paulo Coelho, Der Weg des Bogens, Diognes-Verlag 2017, 2019, 151 Seiten.

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