Es ist ein Manifest über die feinen Unterschiede, die eine Gesellschaft ind OBEN und UNTEN unterteilen. Unter dem Titel "Klasse und Kampf" haben Maria Barankow und Christian Baron eine Sammlung von persönlichen Texten über Herkunft und Scham, über Privilegien und strukturelle Diskriminierng, über den Aufstieg und das Unbehagen im neuen Milieu herausgegeben. Und das Ergebnis? Einfach toll! Mitreißend, einfühlsam, ehrlich, originell und jeweils einzigartig.
Vierzehn Autorinnen und Autoren haben in dieser Anthologie, die Programmschrift, Manifest und Anklage sein sollen und auch wieder nicht, Geschichten und Betrachtungen geschrieben, die gerade mit ihren nüchtern klingenden Einwort-Titeln neugierig machen, wie
- Bremsklotz
- Kohlenkeller
- Plastikteile
- Kolbenkönige
- Totenwaschung
Was man zu lesen bekommt, ist nicht unbedingt erheiternd, aber immer bereichernd, den Horizont erweiternd. Da berichtet zum Beispiel Lucy Fricke in "Fischfabrik" von dem Mädchen ohne Schulabschluss, das, angetan mit Gummistiefeln und schwerer Plastikschürze, aus einem riesigen Kübel voller Frutti di Mare welche mit einem Schäufelchen heraussticht, um sie in vorbeifahrende 100-Gramm-Schalen zu füllen. Eine Verbesserung ihrer Situation? Nicht in Sicht. Oder da ist diese große, schlanke Frau Glinke, die aussieht "wie die Flamingos im Stuttgarter Zoo", von der Bov Bjerg in "Schinkennudeln" erzählt. Oder der Bauarbeiter, der sich in Clemens Meyers "Antihelden" überraschend in einer literarischen Lesung wiederfindet.
Eine vielfältige, absolut empfehlenswerte Lektüre.
Die AutorInnen: Martin Becker, geb. 1982, Bov Bjerg, geb. 1965, Arno Frank, geb. 1971, Lucy Fricke, geb. 1974, Kübra Gümüsay, geb. 1988, Schorsch Kamerun, geb. 1963, Pinar Karabulut, geb. 1987, Clemens Meyer, geb. 1977, Katja Oskamp, geb. 1970, Sharon Dodua Otoo, geb. 1972, Francis Seeck, geb. 1987, Anke Stelling, geb. 1971, und Olivia Wenzel, geb. 1985.
Maria Barankow, Christian Baron (Hg.), Klasse und Kampf, Anthologie, Claasen-Verlag 2021, Hardcover, 220 Seiten.
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